Gismo Graf Trio feat. Cheyenne Graf in der Festhalle Magstadt 2023
Cheyenne Graf, Gesang
Gismo Graf, Gitarre
Joschi Graf, Rhythmusgitarre
Simon Ort, Kontrabass
Magstadt, 9.2.2023
Das Gismo Graf Trio sorgt für Waden-Muskelkater und staunende Gesichter
In der Festhalle von Magstadt wippen die Füße im Gypsy Groove.
Sind die Sinti? Ja klar! Machen die auch Musik wie einstens Django Reinhardt, der in den 30er und 40er-Jahren als einer der Wegbereiter für den Jazz in Europa galt? Auch hier ein klares Ja! Und mehr noch: Dieses Trio verbindet den traditionellen Gypsy-Swing mit Elementen der Klassik, der Filmmusik oder zeitgenössischer Pop, Rock- und Jazzmusik. In guter Sinti-Tradition wuchs der Ausnahmegitarrist Gismo Graf mit Musik auf, die ihm wohl Tag und Nacht um die Ohren wehte. Schließlich ist auch Vater Joschi ein ausgezeichneter Gitarrist, der seinen Sohn heute an der Rhythmusgitarre begleitet. Schwester Cheyenne konnte sich der Musik natürlich ebenfalls nicht entziehen und ist inzwischen so etwas wie das i-Tüpfelchen, das mit vokalen Akzenten bei fast allen Konzerten aufhorchen lässt.
Ein Gitarrist der europäischen Champions League
So auch in Magstadt bei Sindelfingen. Die Gemeinde und die Ortsbücherei hatten am 4. März in die Festhalle geladen, wo sich rund 150 Besucher einfanden. Die etwas sterile Atmosphäre der riesigen Halle hätte ein Stimmungsdämpfer sein können. Vollblutmusiker wie die Grafs, die an diesem Abend vom phantastischen Kontrabassisten Simon Ort begleitet werden, scheren sich jedoch wenig um das Ambiente und jazzen einfach los. Also erweist sich die Halle keinesfalls als Stimmungskiller; Publikum und Akteure finden umgehend zueinander. Neben den brillanten Vorträgen ist dies sicherlich auch dem Charme von Gismo & Co zu verdanken. Ein Gitarrist, der zur europäischen Champions League der Gitarrenzunft gehört, könnte durchaus auch Starallüren aufweisen. Nicht so Gismo. Immer ein Scherz auf den Lippen, verführt er die Besucher in die ihm eigene humorvolle Leichtigkeit. Genau so spielt er auch; nichts wirkt verkrampft und verbissen, selbst wenn er atemberaubende Licks spielt. Bestes Beispiel dafür ist an diesem Abend die Bearbeitung von Chopins „Fantasie-Impromptu“. Der Meister der Romantik hatte das Werk seinerzeit natürlich für Klavier geschrieben. Ein Stück, das dem Gitarristen alles abverlangt. In irrwitzigem Tempo überträgt Gismo die Klaviertastatur aufs Griffbrett.
Gismo, der Gitarrenzauberer
Auch seine Begleiter sind in höchstem Maße gefordert. Die Spielkameraden meistern alles mit Bravour. Gismo erweist sich als Gitarrenzauberer, der in seiner dynamischen Spielweise Django-Licks locker mit Oktavspiel á la Wes Montgomerie, eingestreuten Flageoletts und Semiakkorden verbindet. Zudem scheint er neben seiner verlässlichen väterlichen Rhythmus-Stütze auch die richtigen Bassisten gefunden zu haben. Mal spielt der ursprüngliche Stammbassist Joel Locher, mal Simon Ort – wer eben gerade Zeit hat. Beide passen sich bestens dem gelegentlichen Highspeed-Tempo Gismos an und zupfen die dicken Saiten so locker, schnell und behände, als hätten sie es selbst mit einer Sologitarre zu tun. So brilliert in Magstadt nun Simon, der in Solopassagen sein ganzes Können aufs Tablett bringt. Cheyenne erweist sich als Trumpfkarte, welche die beiden Männer der „Grafschaft“ wohl dosiert aus dem Ärmel ziehen. Vornehmlich gibt es dann Standards wie „It Don’t Mean A Thing“ oder „I Got Rhythm“, wo Cheyenne mit einem Scat-Gesang überzeugt, der großartige Intervallsprünge inkludiert. Warm ums Herz wird es einem dann, wenn die Sinti-Sprache ihren Raum bekommt. „Djane du ga“ von Cheyenne und „Mer ham sinti“ (Wir sind Sinti), von Joschi mit weichem Timbre gesungen, gehen tief unter die Haut.
Isn’t She Lovely
Nach der letzten Nummer der Show fordern die Besucher lautstark Zugabe(n). Cheyenne wird für Stevie Wonders „Isn’t She Lovely“, begleitet von Vater Joschis anerkennenden Blicken, nochmals auf die Bühne gebeten. Ganz in der Tradition Django Reinhardts stehend, darf danach Reinhardts „Minor Swing“ nicht fehlen. Gismo sorgt bei der Anmoderation einmal mehr für Lacher. Das Stück, das auch im Biographie-Film „Django – ein Leben für die Musik“ (Berlinale 2017) vorkommt, hätten wohl schon manche Konzertgänger mit Filmstars anderer Streifen durcheinandergebracht, weshalb er dazu übergegangen sei, diesen Hit gleich als „Minor Swing“ von Jonny Depp anzukündigen. Also bittet er Simon das Original-Solo von George Clooney zu zupfen. Ob es ihm gelungen ist? Jedenfalls war es super, wie der gesamte genussvolle Vortrag dieser Formation.
Bernd Epple
Portraits von Cheyenne Graf
Portraits von Gismo Graf
Portraits von Joschi Graf
Portraits von Simon Ort