Isabelle Bodenseh mit Flowing Mind im Mauerwerk Herrenberg 2023
Isabelle Bodenseh, Flöten
Lorenzo Petrocca, Gitarre
Thomas Bauser, Orgel
Lars Binder, Schlagzeug
Herrenberg, 18.3.2023
Bodenseh-Badespaß mit Charme beim Jazzin Herrenberg
Isabelle Bodenseh brilliert mit einem, im Jazz viel zu wenig beachteten Instrument.
Roland Kirk, Herbie Mann, Jeremy Steig und Chris Hinze, um die wichtigsten Vertreter der Jazzflötenkunst herauszugreifen, sind leider schon nicht mehr unter uns oder bereits im fortgeschrittenen Alter, wie der holländische Flötist Chris Hinze. Was für ein Glück, dass es die 53 Jahre junge Flötistin gibt, die sich mit ihrem Zauberrohr in keinster Weise hinter erwähnten Meistern anstellen muss. Wer könnte das „Holz“blasinstrument besser aus seinem Schattendasein befreien, als diese quirlige Frau! Das gut gefüllte Herrenberger Mauerwerk durfte sich am 18. März 2023 beim Frühlingsfestival der Jazzin-Macher davon überzeugen lassen, dass die Flöte für mehr, als Folk und symphonische Musik taugt. Wenn die Frau mit dem gewinnenden Lächeln die Bühne betritt, sind bereits manche Besucher ihrem Charme erlegen; wenn sie dann noch das gekrümmte Bass-Silberrohr an ihre Lippen führt, ist es vollends um Gäste geschehen. Ihrer Bass-Querflöte, eher selten gespielt, entlockt sie jauchzende, grunzende, schmatzende oder gar liebliche Klänge.
Mit Blick nach oben oder geschlossenen Augen taucht sie gestenreich tief in ihre eigenen Kompositionen oder in die ihrer Mitstreiter ein. Die sind an diesem Abend perfekt gewählt, wie auch bereits auf der brandneuen CD Flowing Mind zu hören. Thomas Bauser an der Hammond, Lorenzo Petrocca (E-Gitarre) und Lars Binder (Drums) bilden das dynamische Trio, das einen wundervollen Klangteppich webt, auf dem sich Bodenseh genüsslich räkeln darf. Natürlich bleibt genügend Raum vorhanden für Petroccas rasante Licks, wenn er mal die spannenden Harmonie-Akkorde verlässt. Und auch Bauser und Binder, überwiegend dem Gesamtklang dienend, dürfen sich mal unaufdringlich und raffiniert in den Vordergrund spielen, wenn es die Komposition erfordert. Doch hier geht es vornehmlich um das Featuring der Querflöte. Die tritt in verschiedenen Varianten in Erscheinung: Die sogenannte Große Flöte (Standard), die Altflöte und die Bassflöte. Alle Varianten werden mit groovender Inbrunst geblasen, auch „überblasen“, mit Flatterzunge abhebend oder mit Isabelles Singstimme vermischt.
Stilistisch bewegt sich die Formation zwischen druckvollem Swing, Balladen und Latin Grooves. Bodenseh-Kompositionen überwiegen bei diesem Konzert, wie auch auf der CD. Doch sorgt „Cilli Challi“ von Thomas Bauser für die weitere würzige Geschmacksnote und an „Mediterranean Bossa“ von Enzo Petrocca hätte auch Antonio Carlos Jobim seine helle Freude gehabt! „Dog Rose“ von Lars Binder besticht durch breit ausgelegte Harmonieflächen, eindringliche Unisono-Phrasen und mit einem sehr einfühlsamen und trickreichen Drum-Solo. Alles in allem weist die Combo eine verblüffende Homogenität und feinabgestimmte Spielkultur auf. Und Bodensehs Spieltechnik und Kreativität scheinen keine Grenzen gesetzt. Gut, dass die eingangs erwähnten Altmeister eine fast noch beachtenswertere Nachfolgerin gefunden haben; wo diese Dame auftritt, sollte man sie nicht verpassen –
Bodenseh-(Klang-)Badespaß vorprogrammiert!
Bernd Epple
Portraits von Isabelle Bodenseh
Portraits von Lorenzo Petrocca
Portraits von Thomas Bauser
Portraits von Lars Binder