Marcus Miller bei der jazzopen Stuttgart 2024

Marcus Miller (bass)
Xavier Gordon (keys)
Donald Hayes (sax)
Russel Gunn Jr. (trumpet)
Anwar Marshall (drums)

Stuttgart, 22.7.2024

Bass, Bässer, Miller

Eine Bass-Ikone erobert die Herzen der Besucher am fünften Tag der Stuttgarter Jazz Open

Der Mann allein schon ist ein Orkan an seinem Instrument. Wenn ihm dann noch eine kompetente Band den Soundteppich ausrollt, hält kein Fuß mehr still. Kein Wunder, dass bereits viele Jazzgrößen auf ihn aufmerksam wurden. Die Liste derer, mit denen er zusammengearbeitet hat, ist lang. Exemplarisch seien deshalb nur folgende große Namen erwähnt: Aretha Franklin, Miles Davis, David Sanborn und McCoy Tyner. Noch Fragen? Falls ja, hat Marcus Miller diese am Montagabend im Alten Schloss eindrücklich beantwortet. Mit einem Basssolo-Intro zeigt er umgehend wo der (Bass-) Bartel den Most holt. Slap-Techniken deuten an, auf welche Reise sich das Publikum einstellen darf.

Funky geht es zur Sache und die Bläserriffs, die folgen, setzen weitere Duftmarken und lassen ahnen, dass diese Vorspeise zu einem delikaten Funkmenü erster Sahne führen wird. „I’m so happy being back here in Stuttgart“, strahlt Marcus Miller nach dem Opener. Geraume Zeit geht es anschließend mit dichten Rhythmen weiter, bis mit einer Homage an Jaco Pastorius, dem legendären Bassisten von Weather Report, dann auch mal Platz für eine Ballade geschaffen wird. Diese Nummer bringt die Klasse der einzelnen Musiker noch mehr zur Geltung, da alle ausführlich solieren dürfen.

Ausgezeichnete Solisten

Rhythmisch gibt es jedoch auch Fast Swing Elemente, bei denen, allen voran, Pianist Xavier Gordon seine Klasse unter Beweis stellen kann. Das darauffolgende Trompetensolo á capella von Russel Gunn Jr. lässt die Besucher den Atem anhalten, bevor es nochmals in die Vollen geht. Miller beschwört in der Anmoderation in einer seiner stärksten Nummern „Gorée“, die er aus einer Senegalreise mitgebracht hatte, den „Strong Spirit“ der versklavten afrikanischen Ahnen, die sich nichts sehnlicher als den Frieden wünschten.

Mit seiner Musik will er ebenfalls einen Beitrag zu einer friedlicheren Welt leisten und spielt ausnahmsweise mal nicht den E-Bass, sondern eine Bassklarinette. Innovativ und gekonnt schafft er es, damit wirklich eine äußerst friedliche und zärtliche Stimmung in die alten Gemäuer des Schlosses zu zaubern. Die Klänge verdichten sich zu einem ekstatischen Finale, bei dem das Altsaxophon-Solo von Donald Hayes schließlich die Führung übernimmt. Drummer Anwar Marshall darf mit einem kurzen, aber knackigen Solo ebenfalls noch ran bevor sich das Konzert dem Ende zu neigt. Die Stimmung kocht und trotz vorgerückter Zeit, kommen die Protagonisten nicht umhin, noch eine Zugabe nachzulegen. „Bässer“ konnte der Abend kaum enden – glückliche Gesichter allenthalben.

Bernd Epple

Portraits von Marcus Miller

Übersicht unserer Berichte von der jazzopen 2024