Dana Masters in Jazzclub Bix Stuttgart 2024

Dana Masters (voc)
Cian Boylan (p)
Dave Redmond (b)
Darren Beckett (dr)

Stuttgart, 26.9.2024

Göttlicher Funken des Groove

Eine große Stimme ist ein Geschenk – und eine Gewähr für ein „Full House“, wie die in Nordirland lebende US-Sängerin Dana Masters bei ihrer aktuellen Tour quer durch Deutschland unter Beweis stellt. Da machte auch die schwäbische Landeshauptstadt keine Ausnahme: Der Stuttgarter Jazzclub Bix war beim Auftritt der glatzköpfigen Vokalistin und ihrer dreiköpfigen Begleitband bis auf den letzten Platz besetzt und das erwartungsfrohe Publikum wurde nicht enttäuscht.

Weil sie immer sang, was sie gefühlt und erlebt hat, war Dana Masters nie ein Kandidat für den großen Kommerz auf poppigen Bühnen. Doch die dunkle und doch so weiche Phrasierung ihrer Stimme, mit der sie die Harmonien wie Liebeserklärungen ausstößt, gilt seit der Zeit, als sie sieben Jahre lang als Hauptsängerin mit Van Morrison auf Tour war, als ein Geheimtipp für die Feinschmecker der irischen Jazzgemeinde. Ohne weiteres werden die Zuhörer im Bix in eine Melange aus Soul, Funk, R&B und Gospel gezogen, in der die afrikanischen Wurzeln dieser Musik und ihre amerikanische Elektrifizierung wie Schlinggewächse nach Menschen greifen, die ein ganz anderes Weltbild formte. 

Real Good Mood

Gemeinsam mit den Iren Cian Boylan (Piano) und Dave Redmond (Kontrabass) sowie dem Londoner Schlagzeuger Darren Beckett zelebriert die dunkelhäutige Südstaatlerin einen Jazz, der elegant und ausgewogen dahingleitet und die Seelen der Zuhörer zufrieden baumeln lässt. Es ist eine Musik, die einen souligen Grundton hat, dabei balladeske Anklänge, Intonationen und Skalen nicht verschmäht. Die Enkelin einer bekannten US-Bürgerrechtsaktivistin bedient ihr Publikum routiniert mit einem Mix aus Standards und Material aus ihrem Debütalbum „Real Good Mood“. Überzeugend vor allem das melancholische „Somebody in Love“, das zurückgenommene „Need You“ und das funkige „Bad Love“, das mit einer schlichten, schönen Melodie daherkommt und viel Raum für die eingestreuten Soli ihrer Begleiter lässt.

Die Musik ist episch und poetisch zugleich, und sie bewegt sich meist sehr behutsam durch die Seelenlandschaften des Publikums. Es ist eine Musik, die sich kein bisschen schämt, schön zu klingen. Der gute alte Jazz scheint immer dann durch, wenn Pianist Cian Boylan seiner Lust an ausgedehnten Improvisationen nachgibt. Häufig ist es der Mann am Klavier, der mit achtsamen Single-Notes den Wohlklang etwas aufbricht. Darren Beckett ergänzt das melodiöse Pianospiel mit kraftvollem Schlagzeug, ab und an auch mit filigranem Besen.

Mit ihrer ungezwungenen Art setzt die bereits vor dem Papst, Präsident Clinton und Tony Blair aufgetretene Dana Masters der deutschen Andächtigkeit groovige Glanzlichter auf und vermittelte so etwas vom Wesen der Spirituals, jener oral history der nach Amerika als Sklaven verschleppten Schwarzen.  Und wer bei der schönen Ballade „Waste Your Time“ nicht augenblicklich den göttlichen Funken des Groove spürt, war definitiv fehl am Platz. 

Jürgen Spieß

Portraits von Dana Masters