Roy Haynes & more der jazztime Böblingen 2025
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Tilman Jäger, piano
Libor Sima, sax
Axel Schlosser, trumpet
Joel Locher, bass
Obi Jenne, drums
Böblingen, 14.2.2025
Prima Klima – auch dank Sima
Mit einer kraftvoll jazzenden Besetzung erfreute Pianist und JazzTimer Macher Tilman Jäger das Württembergsaal-Auditorium in der Böblinger Kongresshalle
Schon die Namen der Gäste schürten gewisse Erwartungen bei den Jazzfans; und diese wurden mehr als erfüllt – so viel vorweg. Das Konzert sollte eine Hommage an Roy Haynes sein, ein Schlagzeuger, der mit nahezu allen Jazzgrößen von Rang und Namen gespielt hat. 99-jährig ist er im November vergangenen Jahres verstorben.
Seinen Platz durfte am Freitagabend Obi Jenne einnehmen. Der preisgekrönte Schlagzeuger war und ist aufgrund seines brillanten technischen Könnens ebenfalls ein gefragter Drummer der deutschen Jazzszene. Wolfgang Dauner oder Klaus Doldinger setzten unter anderen auf seine Spielweise wie auch Tilman Jäger für dieses Tribut an Haynes. Auch nach dem Ausnahmesaxofonisten Libor Sima, zudem Fagottist im SWR-Symphonieorchester, strecken international namhafte Jazzmusiker die Hände aus, wenn es gilt, außergewöhnliche Spielkunst auf die Bühne zu bringen. Kontrabassist Joel Locher, der Allroundmann, in zahlreichen Genres zuhause und mit Gismo Graf, Pee Wee Ellis, Charly Antolini und vielen weiteren Jazz-Cracks unterwegs, sowie der Trompeter Axel Schlosser, der ähnliche Meriten aufweisen kann, ergänzten das Quintett.
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Entsprechend kraftvoll ging das Konzert gleich los. „Hackensack“, ein Hit des Modern Jazz Pianisten Thelonious Monk (1917-1982) diente als Aufwärmer, wobei die heißen Soli der Musiker umgehend zeigten, dass die Formation schon bei der ersten gespielten Note in medias res angekommen war. Pat Methenys „H&H“ folgte und Tenor-Wizzard Sima jagte mit viel Körpereinsatz und dennoch entspannt die Skalen rauf und runter, bevor es ihm Schlosser mit seinen Riffs gleichtat. Jäger begleitete und solierte mit rhythmusbetonten Klangkaskaden und Locher erwies sich ebenfalls als Speedking mit außergewöhnlicher Präzision. Vertrackte Rhythmen am Drumset deckten auf, weshalb man für das Haynes-Programm Jenne beauftragte. Bei diesem relativ langen Vortrag kam zu keiner Sekunde Langeweile auf, zu kreativ dargeboten war das Arrangement.
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Spritzig, frisch und knackig
Erholung dann im Anschluss. „New Birches, Birds and Bees“ eine Komposition des Trompeters beinhalteten singend intonierte zweistimmige Passagen von Saxofon und Flügelhorn, bei denen sich keiner der Akteure in den Vordergrund spielte. Ein Stück, das Schlosser seinem verstorbenen Vater widmete, wie man im Anschluss erfuhr. Das verspielte „Warming Sunshine“, für seine Tochter komponiert, ging dem Pauseneinläuter „In Case I Missed You“ voraus, welcher von Jäger als „spritzig, frisch und knackig“ angekündigt wurde. Dynamisch hochwertiges Musizieren mit ekstatischem Finale bei dem Lima mit äußerst kreativen Phrasen glänzte! Ein Drumsolo, gespickt mit polyrhythmischen Figuren, deutete bereits an, was die Besucher in Halbzeit Zwei noch erwarteten sollte.
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Nach dem „Stolen Rhythms“-Auftakt ein lässiges Jäger-Solo, mit rhythmischen Zuckerstückchen versüßt, setzte Sima mit schreienden Grawling-Highnotes und Locher, das gesamte Griffbrett seines Instruments nutzend, noch eins oben drauf. Dann eine Verschnaufpause, die Jenne dazu nutzte, Tilmann Jäger und Mit-Veranstalter Ralf Püpcke ein großes Lob für die JazzTime-Veranstaltungen auszusprechen, die im kommenden Jahr immerhin schon ihr 25-jähriges Jubiläum feiern dürfen. Nach zwei John Coltrane-Nummern, „Dear Old Stockholm“ mit nahezu unübertrefflichem Saxofonspiel, gefolgt von Jägers Kreativfiguren vom Feinsten und „After the Rain”, einer mitten ins Herz treffenden Ballade mit flächigem Piano, gestrichenem Bass zweistimmigen Bläsersätzen, folgte „Windows“ (Chick Corea) in Trio-Besetzung. „Calypso Fred“ (Freddie Hubbard) hob, karibisch groovend, am Ende nicht nur das Publikum fast aus den Sitzen, sondern auch Jäger vom Klavierhocker; schuld daran war nicht zuletzt ein phantastisches Drum-Solo Jennes, das seinesgleichen sucht. Selbstredend, dass eine Zugabe unausweichlich war und die Combo nach einem Konzert mit Überlänge donnernden Applaus erntete.
Text und Fotos Bernd Epple
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Portraits von Tilman Jäger
Portraits von Axel Schlosser
Portraits von Joel Locher
Portraits von Obi Jenne