Alfredo Rodriguez Trio im Sudhaus Tübingen 2024
Alfredo Rodriguez – p
Yarel Hernández – b
Michael Olivera – dr
Tübingen, 15.11.2024
Ein Feuerwerk aus Musik und Lebensfreude
Das Konzert des Alfredo Rodríguez Trios ist nicht nur ein Jazz-Highlight, sondern auch eine Hommage an Quincy Jones, der kurz zuvor verstorben ist. Als Tribute an den legendären Produzenten von Michael Jacksons „Thriller“, lässt Rodríguez am Ende des Sets mit einer kubanischen Version dieses Popsongs aufhorchen und beweist, dass man aus einem Hit auch tiefgründigen Jazz machen kann. Quincy Jones war bekannt dafür, Popklassiker zu „jazzifizieren“ – wie mit „Summer in the City“ (Lovin’ Spoonful) – und auch Herbie Hancock hat mit „The New Standard“ gezeigt, wie man die Grenzen zwischen Genres sprengen kann.
Quincy Jones selbst sagte über Rodríguez: „Er ist zweifellos einer der besten jungen Pianisten, die ich je gesehen habe.“ Ein Lob, das man nicht alle Tage hört, aber es ist mehr als verdient. Der in Miami lebende Rodríguez hat sich längst in der internationalen Jazz-Elite etabliert und bewies dies eindrucksvoll bei seinem Konzert im ausverkauften Sudhaus. Die Süddeutsche Zeitung beschreibt ihn als „virtuos, musikalisch und unterhaltsam wie nur wenige“, und das trifft es perfekt. Zusammen mit seinen beiden Mitmusikern Yarel Hernández (E-Bass) und Michael Olivera (Schlagzeug) zündet er ein musikalisches Feuerwerk, das das Publikum elektrisiert.
Rodríguez ist auf der Bühne ein echtes Energiebündel. Mit einer Mischung aus Kreativität, Impulsivität und einer Ansteckung von guter Laune zieht er alle in seinen Bann. Bei seiner Performance ist nichts gestellt oder gekünstelt – wenn er bei „Bésame Mucho“ mit den Zuhörern zusammen summt, fühlt es sich eher wie ein spontan ausgelöster Moment der Freude an.
Die tiefe emotionale Verbindung zu seiner Herkunft
Geboren in Kuba und ausgebildet an den klassischen Konservatorien von Havanna, ist Alfredo Rodríguez nicht nur von Bach und Strawinsky beeinflusst, sondern auch von den tiefen Wurzeln seiner Heimat. Jazz, sagte er in einem Interview, war „amerikanische Musik, also Musik des Feindes“, und wurde ihm am kubanischen Konservatorium nicht beigebracht. Er wollte Jazz spielen und kam mit der Hilfe von Quincy Jones in die USA – ein Schritt, der nicht nur für ihn, sondern für den Jazz selbst ein Gewinn war. In seinem Konzert widmete er ein Stück den Migranten der Welt, was die tiefe emotionale Verbindung zu seiner Herkunft unterstrich.
In seinen meist eigenen Kompositionen hört man die Erinnerungen an Kuba, an die Kultur und an die Menschen, die er zurückgelassen hat. Heute lebt er in Miami, einem Schmelztiegel verschiedener Kulturen, und hat dort Einflüsse aus allen Ecken Lateinamerikas aufgenommen. Samba, Salsa, der kubanische „Son“, den der «Buena Vista Social Club» bekannt gemacht hat – sie alle vermischen sich in seinem Spiel mit den Elementen des US-amerikanischen Jazz und kreieren einen einzigartigen Sound. Komplexe Rhythmen, schwebende Melodien, funkige Grooves und eine Technik, die einem den Atem raubt, machen Rodríguez zu einem der kreativsten und aufregendsten Jazz-Pianisten der Gegenwart.
Ein atemberaubendes, mehrminütiges Feuerwerk aus Geschwindigkeit, Präzision und Musikalität.
Sein Solo in „Dawn“ nach der Pause war ein Meisterwerk: ein atemberaubendes, mehrminütiges Feuerwerk aus Geschwindigkeit, Präzision und Musikalität. Die Finger flogen nur so über die Tasten – man konnte kaum folgen. Einfach grandios! Rodríguez lebt seine Musik körperlich aus – manchmal springt er sogar von seinem Klavierhocker und dreht tänzerische Pirouetten. An seiner Seite groovt Yarel Hernández, der mit seinem fünf-saitigen E-Bass den Beat bestimmt und Michael Olivera am Schlagzeug, der mit seiner zurückhaltenden Präzision jede Note unterstützt. Alle drei Musiker strahlen pure Spielfreude aus und verschmelzen zu einem unschlagbaren Team.
Optisch ist das Trio auch ein echter Hingucker: Alfredo Rodríguez im stilvollen Anzug, mit zurückgekämmtem Ponytail, Yarel Hernández in afrikanisch inspiriertem Outfit mit kunstvoll hochgezwirbelten Dreadlocks – ein wahres Farbenfeuerwerk! Das Publikum im Sudhaus ist begeistert, es gibt Standing Ovations, und als die Zugaben kommen, ist klar: Dieses Konzert wird unvergessen bleiben.
Helmut Hugo Burkhardt
Einige Anregungen sind dem Artikel von Andrian Kreye (SüddZeit) vom 3.3.24 entlehnt..
Portraits von Alfredo Rodriguez
Portraits von Yarel Hernández
Portraits von Michael Olivera