Bill Frisell Trio im Sudhaus Tübingen 2024
Bill Frisell, electric guitar
Thomas Morgan, acoustic bass
Rudy Royston, drums
Tübingen, 12.7.2024
Die „Goldfinger Suite“ ?
Die Konzerteröffnung im fast voll besetzten großen Saal des Sudhaus war bezeichnend: Bill Frisell grüßt das Publikum und stellt als erstes seine Mitmusiker vor. „Here is Thomas. Thomas Morgan on Bass. And here is Rudy. Rudy Royston on drums.” Das war dann alles, was Bill Frisell den gesamten Abend sagte. Er ist ein stiller Star, ein in sich gekehrter Amerikaner im Holzfällerhemd, einer, der nicht auffallen, sondern seine Musik sprechen lassen will.
So beginnt dann auch das Konzert, wobei erst noch kurz die Gitarre gestimmt werden muss. Ganz leise, langsam, ruhig, lässt Frisell seinen Gitarrentönen Zeit sich zu entwickeln, sie stehen fast im Raum und man meint, er hört ihnen nach und reagiert dann drauf. Die ersten Songs sind Eigenkompositionen von Frisell und eine ist von Thomas Morgan, dann folgt eine Mischung aus Standards verschiedener Genres.
Klassiker der Filmmusik
Spannend wird’s mit einer jazzigen Version des Bond-Songs Goldfinger. Aus diesem Klassiker der Filmmusik wird die schöne Melodie herauspräpariert, über die das Trio raffiniert minutenlang improvisiert. Frisells musikalischer Horizont ist weit, er spielt sehr persönliche Interpretationen US-amerikanischer Traditionals wie dem Stück „Shenandoah“; in dem er die unwahrscheinlichste Brücke zwischen Jazz und Country schlägt. Kaum einer hat eine schönere Hommage an John Lennon aufgenommen als Frisell mit der CD „All we are saying“, aus der die Band das Stück „In my life“ spielt. Berührend!
Die einzelnen Stücke werden durch improvisierte Zwischenspiele miteinander verbunden, so dass das Trio 70 Minuten lang ohne Ansage oder Pausen spielt. Es entsteht eine Art Suite mit verschiedenen Bestandteilen, aber mit dem zentralen Godfinger-Motiv. Die Musiker verweben Melodien nahtlos miteinander, es bildet sich ein stetiger Fluss von Klangbildern, das eine führt zum anderen. Einzelne bekannte Themen treten kurz hervor und werden sogleich wieder in den dahinfließenden Strom eingebunden. Es gibt keine Setlist, die Begleitmusiker folgen einfach ihrem Meister.
Sanfte, schwebende Töne
Bill Frisell ist bekannt für seine sanften, schwebenden Töne, sein tastendes, zurückhaltendes dennoch souveränes Spiel, deshalb wurde er einmal „Gentle Guitar Giant“ genannt. Das trifft seine Spielweise voll, er ist kein Mann der rasenden Läufe und des Powerspiels. Nur kurz blitzt im Sudhaus auf, dass Frisell auch den kräftigen Ton kann, er ist ein Meister der gesamten dynamischen Bandbreite, über die sein Instrument verfügt.
Getragen wird das Ganze von Thomas Morgans filigranem Bass-Spiel, das meist kongenial die Gitarre umspielt und keine große Solos braucht. Rudy Royston präsentierte sich als ungemein feinfühliger Schlagzeuger. Selten konnte man so eine facettenreiche Begleit-Arbeit, aber auch schön kraftvoll-rockige Beats hören.
Und so wird das Konzert fast zu einer Suite aus Songs verschiedener Genres, zusammen-gehalten von den tollen Begleitmusikern und natürlich der jazzigen Gitarre Bill Frisells, dem „Powerflüster des Jazz“ (BR). Das Publikum ist begeistert und „überredet“ das Trio zu zwei herrlichen Zugaben. Erst hier kann auch Rudy Royston in einem Drum-Solo seine Extraklasse zeigen. Ein beeindruckendes Konzert von echten Könnern!
Helmut Hugo Burkhardt
Portraits von Bill Frisell
Portraits von Rudy Royston
KOnzertbericht vom Bill Frisell Trio im Sudhaus Tübingen 2022