Borgirault – CD und LP von Bebelaar, Beck und Kroll
Tübingen, 7.2.2023
CD und LP – das Album „Borgirault“ von Patrick Bebelaar, Christoph Beck und Frank Kroll
Patrick Bebelaar will damit: „die Abkehr von Download und Streaming, weg vom schnellen Reinhören hin zur bewussten Handlung“.
„Borgirault“, das neue Album des Kusterdinger Pianisten, das er mit den beiden Saxofonisten Christoph Beck und Frank Kroll im Stuttgarter Theaterhaus aufgenommen hat, wurde bewusst als Langspielplatte veröffentlicht. Es gehe bei diesem Album darum, die Vorzüge des vermeintlich Vergangenen zu erkennen und die akustischen Instrumente in den Vordergrund zu rücken. Sinnliche Momente wie die Schallplattenhülle in die Hand zu nehmen und aufzuschlagen, Bilder und Texte wahrzunehmen und die Platte aufzulegen, gehörten ebenso dazu wie das bewusste Hören, zu dem das Album verführen will.
Dabei gehe es „nicht um eine grundsätzliche Verweigerung gegenüber dem Neuen“, so Bebelaar, sondern vielmehr um eine Versöhnung von LP und CD, weshalb diese Produktion auch beide Medien enthält. Denn Bebelaar ist davon überzeugt, dass sowohl die alte Langspielplatte als auch die Compact Disc ihre Stärken und Schwächen haben. Die CD biete andere Möglichkeiten als die LP: So wurden auf dem digitalen Medium entsprechend der beigefügten CD Synthesizer, Loops und ähnliche Effekte verwendet, während auf der analogen LP lediglich die akustischen Instrumente zu hören sind. Besonders herauszuheben sind auf der LP Balladen wie „Der Spieler“ und „The Rip“ von Christoph Beck, „Edelgard“ von Frank Kroll oder „The River Leads To You“ von Patrick Bebelaar mit ihren langen melodischen Linien. Trotzdem lehnt sich die Musik von „Borgirault“ nirgends bequem an, hat einen bezwingenden Charme und zeigt einmal mehr: Etwas Besseres als gute Musiker ist auch im Jazz noch nicht erfunden worden.
Es kommt nicht allzu häufig vor, dass die europäische Kultur bis hin zur Renaissance mit Jazz und Avantgarde auf derart eindringliche Weise miteinander verwachsen sind. Der Pianist und Jazzpreisträger Patrick Bebelaar und seine beiden Kollegen zelebrieren eine komplexe Musik, in der sich sperrige Jazzthemen mit melodischen und ruhigen Passagen abwechseln. Dabei folgt ihre Spielart keinem dieser zeitgemäß erscheinenden Crossover-Konzepte, und sie hat es auch nicht nötig, aktuelle Jazzströmungen zu assimilieren. Eine der Tugenden dieser Musik und ihr vielleicht wichtigstes Stilmittel ist die enorme Vielseitigkeit und ihre Lust an unvorhersehbaren Wendungen.
So erschließen die drei Musiker dem Hörer zwischen schöne Melodien auch durchaus freie Improvisationen. Das Atmen und das sorgfältige Gestalten der Musik sind stets zu spüren. Hier zeigt sich deutlich die über 30-jährige Zusammenarbeit von Frank Kroll und Patrick Bebelaar in unterschiedlichsten Besetzungen und die besondere Fähigkeit der beiden Musiker, komponierte und improvisierte Passagen mit durchgehender Intensität darzustellen. Auf der anderen Seite strahlt diese Platte insgesamt eine Form aus, die mit subtilem Spannungsaufbau den Besonderheiten eines Klavier-Saxofon-Trios auf die Schliche kommt. Und das macht wirklich Spaß zu hören.
Die LP „Borgirault“ erzählt eine ganz eigene Geschichte. Und ist es „nicht eben diese Vergänglichkeit, die den Wert des Lebens ausmacht?“, fragt sich Patrick Bebelaar. Denn wer weiß schon, so der Pianist weiter, wenn die digitale Welt immer wieder an die Vorzüge des vermeintlich Vergangenen erinnert wird, „dann gibt es vielleicht auch diese Aufnahme irgendwann in einem Stream“.
Jürgen Spieß
Unser Konzertbericht: Bebelaar-Beck-Kroll bei den Int. Theaterhaus Jazztagen 2022
Portraits von Patrick Bebelaar
Portraits von Christoph Beck
Portraits von Frank Kroll