Carla Bley gestorben
Die großartige Komponistin und Pianistin Carla Bley ist am 17. Oktober 2023 gestorben
Carla Bley wurde am 11. Mai 1936 in Kalifornien geboren und ist gestern, am 18. Oktober 2023 im Alter von 87 Jahren in New York gestorben.
Carla Bley – Life goes on
„Bevor wir mit unserem eigenen Programm beginnen, wollen wir ein kleines Stück von und für Carla Bley spielen…„- so begann der sympathische Saxofonist Pierre Lapprand vom Duo Congé Spatial am 18.10. den Auftritt bei den Tübinger Jazz- und Klassiktagen im deutsch – französischen Kulturinstitut. Wahrscheinlich hatten die wenigsten Konzertbesucher*innen mitbekommen, dass sich Carla Bley am Tag davor endgültig von der Bühne verabschiedet hatte. Doppelt berührend: Dieses musikalische Gedenken an die großartige amerikanische Musikerin und Komponistin, aber auch die Verbeugung dieser beiden jungen Franzosen vor einer prägenden und außergewöhnlichen Künstlerin.
Als ich so jung war wie diese Franzosen heute – meine Erinnerungsmaschine begann zu arbeiten – da hatte Carla Bley schon ihren Platz in unseren WG – Plattenregalen. Nicht gerade leichte Kost damals, ihr frühes `Großwerk „Escalator over the Hill„. Ein 3er – Album. Opulente, clusterartige Bläsersätze, mehrstimmiger atonal wirkender Chorgesang. Immerhin hatten ua auch Jack Bruce, John Mclaughlin und Linda Ronstadt mitgespielt. Carla Bley war irgendwie cool (hätte man später gesagt). „Tropic Appetites“ hieß eine olive – grüne LP, die ich mir damals gekauft habe. Texte von Paul Haines und Anklänge an Indien. Die Platte wurde gern und viel gehört, bis sie irgendwann verschwunden war, nach vielen Umzügen.
Carla Bley blieb aber immer da, blieb eine der ganz wichtigen Musikerinnen. Immer wieder tauchte sie auf, in unterschiedlichsten Formationen und Stilrichtungen. Dinner Music oder Social Studies hießen spätere Platten. Unverwechselbar natürlich ihre Unberechenbarkeit, aber auch ihr gerade geschnittener Pony. Vor ein paar Jahren – schon ein wenig zerbrechlich wirkend – spielte sie in Tübingen auf der Sudhaus Open Air – Bühne zusammen mit Andy Sheppard und dem Bassisten Steve Swallow, mit dem sie seit 1991 zusammenlebte. Zwei wunderbare CD`s dieses Trios sind 2013 (Trios) und 2020 (Life Goes on) entstanden. Konzentrierte Musik, so wie das Live – Erlebnis im Sudhaus – Garten 2014. Intenstiv, intelligent, inspiriert.
Vor ein paar Monaten hab´ ich in den unüberschaubaren Weiten des Netzes `meine` Carla Bley – Platte von damals wiedergefunden. Und natürlich jetzt wieder aufgelegt. Sehr anrührend darauf der `Funny Bird Song`, das erste Stück auf der zweiten Seite. Da ist auch Carla Bley`s (damals noch sehr kleinen) Tochter Karen (Mantler) zu hören. Die ist übrigens auch Jazzmusikerin geworden. Und dann hab` ich noch `End of Rawalpindi` aufgelegt und Life Goes On…und an die beiden Franzosen gedacht und natürlich daran, wie Carla Bley und ihre Musik weiterlebt……
Tom Hagenauer
Unser Konzertbericht: Carla Bley Trio beim Jazzfestival Esslingen 2018