Clara Vetter Trio feat. Ronny Graupe bei den Theaterhaus Jazztagen 2024
Clara Vetter (p)
Mario Angelov (b)
Lucas Klein (dr)
Ronny Graupe (git)
Stuttgart, 28.3.2024
Traumhafte Reise in neue musikalische Galaxien
Die 34. Theaterhausjazztage präsentierten am Gründonnerstag 2024 in einem Doppelkonzert zwei junge Musikerinnen, die aufhorchen lassen. Clara Vetter und ihr Trio feat. Ronny Graupe machte den Anfang
Clara Vetter musikalisch einzuordnen, gleicht einem Rätselraten. Ist das Freejazz, Neue Musik, vertonte Träumerei oder etwas völlig anderes? Fest steht, dass man das Genre-Denken ad acta legen sollte und gut daran tut, sich auf den Moment einzulassen, um auf ihrem fliegenden (Klang-)Teppich die Reise zu genießen. Die 28-jährige Pianistin und Landesjazzpreisträgerin 2023 scheint mit allen (musikalischen) Wassern gewaschen, nahm sie doch schon ab ihrem 13. Lebensjahr Klavierunterricht an der Stuttgarter Musikhochschule und wurde bereits mit 15 in das Landesjazzorchester Baden-Württemberg aufgenommen. 1. Preis im Jugend jazzt-Wettbewerb, „Steinway & Sons“-Förderpreis und Gewinnerin des Bundesjazzorchester Kompositionswettbewerbs 2022; das sind weitere Meriten, die beweisen, dass Clara auf dem richtigen Weg ist. Ihr Talent und ihre unkonventionelle Herangehensweise, wie sie Ideen umsetzt, machen jedes Konzert zum Erlebnis. Genregrenzen adé!
Klangflächen mit spannenden Harmonien
Entsprechend beginnt auch dieses Konzert: Klangflächen mit spannenden Harmonien, in denen sich ihre Spielkameraden geradezu zu suhlen scheinen. Aus dem Nichts auftauchende Unisono-Phrasen würzen das Klangmenü genauso wie Bass- und Gitarrensoli über alle Lagen – kraftvoll und überaus präzise. Zweifelsohne muss man sich auf die Kompositionen einlassen können, die mit Jazz-Mainstream wenig zu tun haben. «Zu schön für unsere Ohren und gewaltig viel Noten, lieber Mozart.» Dieser oft kolportierte Ausspruch Josephs II. über die «Entführung aus dem Serail» dürfte auch hier kaum als Kritik, sondern als nach Worten suchende Reaktion auf die bestürzende Überfülle der neuen Eindrücke zu werten sein. Wie beim österreichischen Kaiser würden beschreibende Worte der Traumreise nicht gerecht werden, in die Clara führt. Ihr Eintauchen in die griechische Mythologie und auf die Tastatur gelegte Sternenbilder gaben Clara den Impuls, ihre Innenwelt in Form von Klängen zu artikulieren.
Das Leichte und das Schwere
Hin und her pendelnde Leichte und Schwere geben sich die Klinke in die Hand, Ronny Graupes flinke, manchmal auch schräge, Gitarren-Licks treffen auf Lukas Kleins dezent einfühlsames Schlagwerk oder auf fulminante Piano-Ausflüge. Mario Angelov hält die solistischen Höhenflüge mit unglaublicher Fingerarbeit und verlässlicher Stabilität zusammen. Hingabe und Präzision bis in kleinste Details gewähren Blicke in jede Nische des Gesamtbildes und machen es zum musikalischen Kunstwerk. Der langanhaltende Beifall am Ende belegt, dass auch das Publikum auf den fliegenden Teppich aufgesprungen ist und die Reise durch die Galaxien sichtlich genossen hat.
Bernd Epple
Portraits von Clara Vetter