Danke!Klaus im Sudhaus Tübingen 2023
Heiner Reiff, Ernst Mantel, Christian und Friedemann (Fried) Dähn, Dieter Thomas Kuhn und Philipp Feldkeller, Rainer Tempel, Elke Voltz, Anne Mary Fröhlich, Thomas Maos, Zimmi Zimmermann, Thomas Horstmann + Wolfgang Lindenfelser, Harry Bechtle & Treat Me Like a Dog, Gerd Waiblinger, Sonic Love, Ursula Branscheid-Koujaté + Ralf Keller, Jaywalkers, Fried Dähn + Thomas Maos, Patrick Bebelaar, Katalin Horvath + Frank Wekenmann, Broadway Cowboys, Moderator Jakob Nacken
Tübingen, 28.6.2023
The Last Waltz für Klaus & Evi
Ein wunderbarer Musikfilm (von Scorsese) und ein großartiges 3er – Album: „The Last Waltz“, der letzte Auftritt von „The Band“ und vielen Wegbegleitern aus dem Jahre 1978, ein legendäres Album über ein legendäres Konzert, das mit den Jahren und Jahrzehnten immer weiter an Reife und Tiefe gewinnt. Wir springen aber jetzt in den Sommer 2023 und ins Tübinger Sudhaus:
Schon eine Viertelstunde vor Beginn hieß es: Sorry, alle Plätze besetzt, und damit keine Chance für die in der Warteschlange, dabei zu sein, bei einer schier unglaublichen Abschiedsgala für den Betreiber eines – na sagen wir lieber DES -Tübinger Musikladens schlechthin. Nach 40 Jahren warf Klaus Langeneckert zusammen mit Frau Evi das Handtuch. Es habe sich nicht mehr gerechnet. Trockener, mantraartiger Ausspruch des ehemaligen Tontechnikers und Ladenbesitzers: „..die Zukunft ist die Reparatur!“. Und das mache er ja auch weiter, woanders, „… weil m´r im Ruhestand ja au ned oifach nix macha kann…“
„Danke Klaus“, das war ein Abschiedskonzert, wie es Tübingen noch nicht oft, vielleicht noch nie gesehen hatte: Rock, Jazz, Avantgarde, freie Musik Folk, usw usf….Fünfzehn (!) Ensembles, Künstler*innen, Programmpunkte – alle spielten hoch- diszipliniert nur jeweils je einen Song, ein Stück. Das Ganze wurde präsentiert von Moderator Jakob Nacken und machte nicht nur klar, wer alles Gitarrensaiten, seine Ibanez, Tin Whistle, Tamburin, Verstärker, Klinkenstecker, Effektpedale samt zugehörigen Kabeln oder die Snaredrum in Jimmy“s Musikladen gekauft hatte, sondern auch, was das in dieser Stadt für eine großartige community sein musste: Alle vereint und ohne Gage zusammen auf der größten Bühne der Stadt, und das, um demjenigen „ade“ zu sagen, dem sie zum Teil seit Jahrzehnten ihr Taschengeld, ihre (manchmal schmale) Gage in den Laden trugen, um ein bisschen bis ziemlich glücklicher wieder nach Hause oder in den Proberaum zu entschwinden. Wissend, sie wurden exzellent beraten und hatten ´keinen Scheiß´ angedreht bekommen, und konnten immer, wenn sie einen Rat brauchten, in diesen Laden, zu Klaus kommen.
Jetzt also – nach 43 Jahren – ist das Geschäft in der Tübinger Mühlstrasse dicht. Und Klaus und Evi haben diesen „Last Waltz“ in einem roten Plüschsofa versunken genossen.
Heiner Reiff vom filigran-genialischen schwäbischen Duo Ernst und Heinrich konnte nicht nur glaubhaft von vielen ausgedehnten Besuchen im Musikladen berichten, er war auch einer der Organisatoren des Abends und brachte auf den Punkt, was in der Sudhaus – Luft lag: „Leute merkt Ihr, was wir hier in dieser Stadt für einen Schatz haben…“
Christian und Friedemann (Fried) Dähn zwei Brüder, der eine lange Jahre Theatermusiker, der andere Cellist u.a. in der Reutlinger Philharmonie, brachen auf in meditativ – percussiv – spacige Sphären.
Dieter Thomas Kuhn und Philipp Feldkeller mussten ein Weilchen in-pluggen, bis dann ein romantisch – sentimental Song und zwei Akustik – Gitarren den großen Saal füllten.
Rainer Tempel gruschdelde einen Zettel raus, so eine Art Einkaufsliste, auf der alles notiert war, was er im Lauf der Jahrzehnte erworben hatte, bei Klaus im Laden. Der Jazzpianist, Komponist, Hochschulprof und begnadete Moderator interpretierte auf dem großen Flügel den James Taylor Song…“your smiling face“.
Elke Voltz, Anne Mary Fröhlich, Thomas Maos, Zimmi Zimmermann – spätestens jetzt wurde deutlich: Die Musikladenszene scheint/schien (?) doch ziemlich Männer – dominiert gewesen zu sein. Um so mehr Power in diesem Auftritt!
Thomas Horstmann + Wolfgang Lindenfelser zeigten, wie das zusammengeht, Midi – Gitarre, Loops, ein halber Quadratmeter Pedale und Effekte für die Gitarre und ein Saxofon…und Jazz…..
Harry Bechtle & Treat Me Like a Dog – Wenn nicht an diesem Abend, wann dann? Blues zum reinliegen & weggetragen werden.
Gerd Waiblinger, hat im benachbarten Neckarsoundstudio zusammen mit Klaus Langeneckert jede Menge Aufnahmen und Produktionen gemacht. Er steigt ein, bei der Bluesband & spielt am Neckar den St. Louis Blues.
Sonic Love mit Stil, Energie. Eine Flasche Champagner und der Police – Song „Can“t stand losing you“….soll heißen: Wir halten“s fast nicht aus …ohne Klaus.
Ursula Branscheid-Koujaté + Ralf Keller lassen Afrika am Horizont erscheinen und berichten über die Herausforderungen, ihre zarten oder bauchigen Instrumente mit Tonabnehmern auszustatten.
Jaywalkers – junger frischer funkiger Rock, zeigt, dass auch die Schüler*innen der Hochschulprofs & Tübinger Musikschulen wissen, wo ihre Hardware herkam.
Fried Dähn + Thomas Maos sind ein Duo, das gern auch mal Richtung Orbit abhebt und den Moderator Jakob Nacken nach Rückkehr der beiden von jenseits der Milchstraße zu der Anmerkung verleitet…da habt ihr ganz schön in die Pedale getreten.
Patrick Bebelaar kennt (Gott sei Dank) keine Grenzen und hebt mit Flügel ab. Hammer – stark, traumhaft – frei & und tief bewegend.
Katalin Horvath + Frank Wekenmann zeigen, dass die Welt der Musik nicht am Mississippi endet und entlassen ein so schönes armenisches Liebeslied in den Sudhaus – Saal, das es schwer ist, dafür Worte zu finden.
Broadway Cowboys – dieses Quartett schafft es, einen Schluss zu finden, für diesen wunderbaren Abend, aber gleichzeitig auch klar zu machen: es geht immer weiter…
Tom Hagenauer
Portraits von Fried Dähn
Portraits von Rainer Tempel
Portraits von Patrick Bebelaar