Delvon Lamarr Organ Trio

Jazzclub Bix Stuttgart am 13.7.2019

Delvon Lamarr, Hammond B3
Jimmy James, guit
Grant Schroff, drums

Furioses Jazz Open Finale

Das Delvon Lamarr Organ Trio, kurz: DLO3 aus Seattle, fügt dem Segment der B3-getriebenen Trios eine weitere aufregende und belebende Facette hinzu. Zum Abschluss der Jazz Open am Samstag Abend im Bix spielte die Band als Teil eines Double Features nach Donny McCaslin. Vorweg: Schon nach den ersten Takten wird klar, wo der Barthel den Most holt.

Delvon Lamarr an den Tasten, Jimmy James an der Gitarre und Drummer Grant Schroff haben unüberhörbar ihre Hausaufgaben gemacht. Das spielfreudige Trio hat 60 Jahre Soul, R&B und Funk plus eine gehörige Portion Jazz verinnerlicht, um daraus sein eigenes unverwechselbares Ding zu kochen. Wir erleben eine äusserst lebendige Darbietung, der man den Ursprung als lockere Jam-Band jederzeit abspürt. Der bisweilen rauhe Gitarrensound, Lamarrs soulige Flächen und Melodien und das treibende Spiel Schroffs verschmelzen zu einer unerhört spannenden Groovemachine. Eingängige Themen schwingen sich zu ekstatischen Höhen auf, Zitate aus dem Soulfundus leiten Breaks ein, stubblefieldsche Beats treiben den Schweiss. Spätestens zu Curtis Mayfields Move on Up fängt das Publikum im hinteren Bereich des Clubs an zu tanzen. Die Hammond B3, das Wundertier im Instrumentenreigen des Jazz, ist eigentlich nicht das ursprüngliche Hauptinstrument Lamarrs. Der Multiinstrumentalist, seit Jahren in Seattle tätig, spielt auch Schlagzeug und Trompete. Jetzt aber ist er ganz Dompteur dieses Organs mit seiner opulenten Fülle an Sounds und Möglichkeiten. In ständigem Blickkontakt mit seinem Gitarristen legt er die harmonische Unterlagen für die Stücke, die mit dem Fuß gespielten Bassfiguren teilweise mit der linken Hand gedoppelt. Lamarr zeigt das Potential der B3 im besten Sinne auf. Wenn die Stücke Fahrt aufnehmen, seine rhythmischen Einwürfe sich mit den Drums und Gitarrenriffs verschränken und bei lang gehaltenen Akkorden im Diskant das Lesley-Kabinett einsetzt, ist kaum noch Steigerung möglich. Ein fantastischer Musiker, der aber auch in den selteneren leisen Passagen überzeugt.

Jimmy kommt von Hendrix, James von Brown – you get the picture. Jimmy James, eigentlich Jabrille Williams, holt für seine funky Riffs aus seiner halbakustischen Silvertone einen percussiven Ton, den er mit einer ordentlichen Portion Hall anreichert. Mehr als seine Gitarre und einen eher niedlich dimensionierten Fender Hot Rod braucht er nicht. Die Niedlichkeit verflüchtigt sich, wenn James in den Solo-Modus wechselt, den Gainregler am Amp eine gute Strecke nach rechts dreht und ein fettes Brett abfeuert. Dann ist Bewegung auf dieser Seite der Bühne. Und wenn es noch ein bißchen mehr sein darf, tauscht der Gitarrist die Silvertone gegen eine blonde Stratocaster, die scheinbar magische Kräfte freisetzt. Plötzlich steht da eine füllige Reinkarnation Hendrix’ auf der Bühne, die alle Register der gepflegten, rückgekoppelten Lärmerzeugung zieht. Ganz großes Kino! Und nicht nur, weil er die Gitarre auch mit den Zähnen spielt.

Gastdrummer Grant Schroff, auch er ein Gewächs der offenbar recht betriebsamen Szene Seattles, propellert die Band mit seinem in-the-pocket-Spiel unablässig voran. Lässig ebenso, denn auch nach 2 Stunden härtester Arbeit am Beat meint man, dass es für ihn immer so weitergehen könnte. Federnde 16tel-Figuren auf der Hi-Hat, feine leckere Wirbel, auf den Punkt gespielte Breaks, eine tanzende Bassdrum und ein unbestechliches Gefühl für Dynamik: das Spiel Schroffs ist ein Hochgenuss. Gegen Ende des Konzerts hat er Gelegenheit, ein kurzes Solo-Statement abzugeben. Stark!

Zum Schluss verlassen drei wohlgenährte und freundliche Herren die Bühne im Bix. Den einen oder anderen sieht man noch im Gespräch mit Gästen. Und draussen vor dem Club äussert sich ein begeisterter Jeff Taylor, Gitarrist und Sänger Donny McCaslins, überschwänglich zum eben gesehenen Gig.

Von diesem Trio künftig gerne mehr.

Wolfgang Fricke

Portraits von Jimmy James