Deuce bei den 1. Aidlinger Heckengäu-Jazztagen in Deufringer 2023
Berührende Klanggemälde und frische Grooves im Schlosskeller
Das Trio Deuce sorgte für einen stimmungsvollen Ausklang der 1. Aidlinger Heckengäu-Jazztage
Nach mehrjährigem Dornröschen-Schlaf, bedingt durch die Krankheit und schließlich den Tod von Vereinsgründer Georg Schütz, ist das Jazz Forum Aidlingen wieder auferstanden. Im Deufringer Schlosskeller haben sich über Jahrzehnte die Granden des Jazz die Klinke gereicht. In der 9000-Seelengemeinde waren bereits Pete York, Charly Antolini, Joe Viera, Chico Freeman oder Charly Augschöll am Start, um nur einige Musiker von Rang und Namen zu erwähnen.
Nun ging es am 29. April bei einer Jazzmatinee etwas lokaler zu, was der Qualität allerdings keinen Abbruch tat. Schließlich sind Judith Goldbach (b), Andreas Francke (as) und Werner Acker (g) alles andere als Hinterhofmusiker, auch wenn sie lediglich einen Steinwurf von Aidlingen entfernt wohnhaft sind, beziehungsweise im Falle Acker eine einstündige Anfahrt am frühen Morgen anstand. Werner darf man wohl als „Rampensau“ bezeichnen, denn er scheut auch solche Herausforderungen nicht: Am Vorabend um zwei Uhr vom Gig nachhause, vier Stunden schlafen und dann Aufbruch nach Aidlingen, wo die Besucher um 10 Uhr die ersten Noten erwarteten. Der ehemalige Dozent für Gitarre (Jazz/Pop) und Jazzharmonielehre an der Stuttgarter Musikhochschule ist ein „Hansdampf in allen Gassen“ und will nur spielen, auch wenn er sich im Ruhestand bequem zurücklehnen könnte! Das ehemalige Duo Deuce (Goldbach/Francke) ergänzt er inzwischen regelmäßig mit feinen Riffs und harmonischen Leckerbissen. So auch im Schlosskeller.
Mit Judith Goldbach und Andreas Francke verbindet ihn die Neugierde, neue musikalische Felder zu entdecken, um die vielfältigen Möglichkeiten des Triospiels zu erkunden. Mal reduziert, mal aus dem Vollen schöpfend skizzieren und variieren sie Themen und Motive, spielen mit Form und Rhythmus und schaffen auf diese Weise dichte und zugleich filigrane Klangbilder. Neben Klassikern wie „Blues In Blueprint“ (Duke Ellington), „The Look Of Love“ (Burt Bacharach), „Oleo“ (Sunny Rollins) oder „Jody Grind“ (Horace Silver), hatte die Formation Pfeile im Köcher, die mitten ins Herz trafen: Die Eigenkompositionen von Goldbach, Acker und Francke gingen nicht nur den Besuchern unter die Haut. Auch Acker schwelgte nach einer Francke-Nummer im Glück und schwärmte: „So schöne Stücke schreibt der Andreas“! Aber auch Francke konstatierte: „Zu zweit war es schön früher – als Werner dazu kam wurde es dann richtig schön“! Das blinde Verständnis, von dem Acker im Gespräch nach dem Konzert schwärmte, war jederzeit spürbar. Und nicht nur das; alle drei waren mit wunderschöner Tongebung und Harmonien unterwegs, welche die Zuhörer nahezu schwebend in den Tag hineindriften ließen oder ob der Schönheit und Intensität zu Tränen rühren konnten.
Doch der Groove kam ebenfalls nicht zu kurz, auch wenn weder Drum Kit, noch Percussion-Instrumente auf der Bühne zu sehen waren. Der Korpus des Kontrabasses wurde von Francke und Goldbach da betrommelt, wo es noch mehr Schub brauchte. Ackers „Inspiration“ sorgte jedoch auch ohne diese Ergänzung für bop-igen Drive und zauberte ein anerkennendes Lächeln in die Gesichter der Gäste. Die konnten am Ende kaum genug bekommen, als Goldbach bei „Oleo“ mit ihrem kraftvollen Basssolo nochmals so richtig zeigte wo der (Bass-)Barthel den Most holt. Wie schön, ganz zum Schluss noch mit einer Bearbeitung von J.S.Bachs „Menuett in G“ beglückt in den Tag geschickt worden zu sein. Rundum schön – das frühe Aufstehen am Sonntag hat sich gelohnt!
Bernd Epple