Eine Hommage an Charles Mingus im Porgy & Bess Wien 2022
1. Set – Triumph of the Underdog
Clemens Salesny: alto saxophone, bass clarinet
Phil Yaeger : trombone
Andreas Schreiber: violin
Martin Bayer: guitar
Gregor Aufmesser: bass
Valentin Duit: drums
2. Set – The Black Saint and the Sinner Lady
Aneel Soomary: lead trumpet
Martin Eberle: trumpet
Phil Yaeger: trombone
Christina Lachberger: bass trombone, tuba
Klaus Dickbauer: alto saxophone, flute
Clemens Salesny: tenor saxophone, alto saxophone
Štěpán Flagar: baritone saxophone, soprano saxophone
Michael Hornek: piano
Martin Bayer: guitar
Gregor Aufmesser: bass
Valentin Duit: drums
Wien, 23.4.2022
Zum 100. Geburtstag von Charles Mingus: ‚Triumph of the Underdog‘ & ‚The Black Saint and the Sinner Lady‘
Charles Mingus (1922-1979) war ein US-amerikanischer Jazzmusiker und Komponist. Neben seinem Hauptinstrument, dem Bass, spielte er ebenso virtuos Klavier. Eine Hommage zum 100. Geburtstag dieses außergewöhnlichen Bassisten hörten wir im Jazz & Musicclub Porgy & Bess in Wien. Gregor Aufmesser und Clemens Salesny haben das Konzert konzipiert und dazu ausgezeichnete Musiker eingeladen.
Der ersten Teil des Abend wurde nach einem Film aus den 90er Jahren benannt. ‚Triumph of the Underdog‚ war eine gelungene Auswahl von Mingus’ Kompositionen. Im zweiten Teil begeisterte die Aufführung des grandiosen Werkes von 1963 ‚The Black Saint and the Sinner Lady‚.
Diese Neuinterpretationen begleitete eine aussergewöhnliche Instrumentalisierung. So wurde der Piano-Part im ersten Set von Martin Bayer’s E-Gitarre übernommen, der Trompetenpart durch die Violine ersetzt. Andreas Schreiber hat sie mit großem Können und Begeisterung gespielt.
Zur Entstehungsgeschichte dieses Projektes haben wir mit Clemens Salesny folgendes Interview geführt:
Servus Clemens, wie kam es zu diesem riesen Projekt?
Gregor Aufmesser ist schon mit der Idee und dem Termin auf mich zugekommen, Phil Yaeger an der Posaune war auch schon fix. Damit hatte er schon zwei ausgewiesene Mingus-Fans und -Spezialisten an Bord – ich für meinen Teil beschäftige mich schon sehr lange in eigenen Bands und bei Workshops mit seiner Musik, Mingus-Kompositionen sind schon auf CDs von verschiedenen Formationen von mir aufgetaucht. Anfang der 2000er Jahre habe ich auch in einer Mingus-Band von Georg Breinschmid gespielt – einige wenige Repertoire-Überschneidungen mit der Band damals gibt’s sogar. Wir drei haben dann gemeinsam den Rest des Sextetts ausgesucht. Dass es doch super wäre, bei dieser Gelegenheit „The Black Saint And The Sinner Lady“ in seiner Gesamtheit aufzuführen, war, glaube ich, von Gregor mal eher so dahingesagt. Aber Phil und ich waren gleich Feuer und Flamme, auch Christoph Huber war sehr daran interessiert und hat uns gleich die Finanzierung zugesagt. Also mussten wir uns „nur“ mehr um das Notenmaterial kümmern bzw. Transkriptionen machen…
Wie war die Zusammenarbeit mit Gregor Aufmesser?
Dazu ist zu sagen, dass ich ihn – so wie auch Martin Bayer und Valentin Duit – vom jährlichen Jazzseminar Schönbach (in Niederösterreich) kenne. Ich unterrichte dort seit 15 Jahren gemeinsam mit u.a. Andi Schreiber, und da habe ich eben unter den Teilnehmern immer wieder großartige junge MusikerInnen kennengelernt, mit denen ich dann zusammengearbeitet habe. So spiele ich auch schon einige Zeit immer wieder mit Gregor Aufmesser (z.B. im Max Nagl Ensemble), also war klar, dass die Zusammenarbeit funktionieren würde. Auch Phil Yaeger kenne ich seit ca. 20 Jahren, er hat sich auch sehr eingebracht, seine Erfahrung im Schreiben für Big Bands war gerade im Hinblick auf das 2. Set sehr hilfreich.
„The Black Saint And The Sinner Lady“ ist ja schon ein Werk mit unendlich vielen Einfällen… Ihr habt trotzdem noch weiterführende Ideen eingebracht. Wurde das im Kollektiv erarbeitet oder wie muß ich mir das vorstellen??
Nein – das ist unserer Meinung nach garnicht notwendig. Wir haben die Suite von Besetzung, Arrangement und formalem Aufbau her ganz original gespielt – nur eben mit unseren Sounds und Improvisationen, so wie wir das heute spielen. Obwohl es ein paar offene Teile gibt, sind wir sogar (auch schon in den Proben) meistens auf eine sehr ähnlichen Spielzeit wie das Original gekommen.Dieser Musik hört man ihr Alter wirklich in keinem Moment an!
Wie kamt Ihr auf die Idee auch eine Violine einzusetzen?
Wir wollten beim Sextett einen anderen Sound als die „klassischen“ Mingus-Bands, deshalb schon mal Gitarre statt Klavier. Und Andi Schreiber ist einfach immer großartig, finde ich – mit seiner Violine statt wie üblich einer Trompete hatten wir den Bandsound dann fertig. Sehr schön hat sich nebenher noch ergeben, dass damit die „(Lonely) Single Swinger Band“, bestehend aus Andi, Martin Bayer, Valentin Duit und mir, integriert war. Mit dieser Band improvisieren wir mit Zuspielungen des verstorbenen Harry Pepl, eine Kurzdoku dazu gibt’s hier.
War das eine einmalige Aufführung im Porgy und Bess, oder sind noch Weitere geplant?
Mit dem Sextett haben wir diesen Herbst wieder gespielt, und wahrscheinlich geht es auch noch über das Mingus-Jahr hinaus. So wie es aussieht, wird es sogar zu Wiederaufführungen von „The Black Saint And The Sinner Lady“ mit der großen Band im Jahr 2023 kommen. Es macht einfach irrsinnig Spaß, diese Musik zu spielen, und sie ist so offen, dass jeder ganz er/sie selbst sein kann.
Wurde das Konzert aufgezeichnet und kann man es auf Tonträger erwerben?
Das Konzert wurde von ORF-Radio Ö1 aufgezeichnet und im Juni gesendet. Eine Veröffentlichung ist vorerst nicht geplant.
Kannst Du schon etwas verraten zu Deinen nächsten Projekten?
Das vorhin erwähnte Projekt „Harry Pepl (tape) & The (Lonely) Single Swinger Band“ geht weiter und wird 2023 wieder spielen. In noch näherer Zukunft wird die CD „Werner Schwab: Neuigkeiten vom Zauberhasen“ (JazzWerkstatt Records) präsentiert, skurrile Kindergeschichten, zu denen ich gemeinsam mit Leo Riegler die Musik gemacht habe, live mit Sixtus Preiss und den zwei SprecherInnen im Herbst in Wien und Graz. Ebenfalls diesen Herbst steht die Veröffentlichung und Präsentation von Krbavac/Salesny/Dolp „Die Liebe wird siegen“ (ebenfalls JazzWerkstatt Records) an. Ein Trio mit dem Schlagzeuger Niki Dolp, den Du ja von Shake Stew kennst, und dem 72-jährigen Karl Wilhelm Krbavac, der Viola da gamba, E-Gitarre und Klavier spielt. Letzterer kommt aus der ersten Generation der Wiener Free-Improvisatoren, der mit seiner Vergangenheit vom traditionellen Blues, (Free) Jazz, Vienna Art Orchestra bis zur Zwölftonmusik (v.a. Josef Mathias Hauer) ein sehr interessanter Partner ist. Dazu haben wir noch die Gäste Sara Kowal (Harfe), Woody Schabata (Vibraphon), Raphael Preuschl und Lukas Kranzelbinder (beide E-Bass). Hier unser erster Auftritt beim 10×10 Minuten-Abend beim JazzWerkstatt Wien Festival 2021.
Vielen Dank! Wir sind gespannt…
Das Gespräch mit Clemens Salesny führte Rainer Ortag
Portraits von Clemens Salesny
Portraits von Andreas Schreiber
Portraits von Michael Hornek
Portraits von Stephan Flagar
Portraits von Klaus Dickbauer
Portraits von Phil Yaeger