Konzerte

Ethan Iverson Trio im Jazzclub Bix Stuttgart 2025

Ethan Iverson (p)
Thomas Morgan (b)
Kendrick Scott (dr)

Stuttgart, 21. März 2025

Dramatische Zuspitzungen

Für Ethan Iverson ist es schon immer eine Herausforderung gewesen, die Gegenwart des Jazz mit einer tiefen Verbeugung vor den großen Meistern der Vergangenheit zu vereinen. Doch während sich der US-Pianist mit seiner ehemaligen Band The Bad Plus bekannter und häufig zitierter Rock- und Popklassiker annahm, präsentiert er beim Auftritt mit seinem neuen Trio im annähernd ausverkauften Stuttgarter Jazzclub Bix Jazzstandard seiner Idole im neuen Gewand. 

Bekannt ist Ethan Iverson vor allem als Gründungsmitglied des avantgardistischen Jazztrios The Bad Plus, das sich im Jahr 2000 zusammentat. In den letzten Jahren hat er sich aber auch durch seine Soloprojekte und sein neues Trio mit Thomas Morgan (Kontrabass) und Kendrick Scott (Schlagzeug) einen Namen gemacht. Bei ihrem Auftritt im Jazzclub Bix scheuen sich die drei US-Amerikaner nicht, bekannte Jazzstandards von Wayne Shorter, Horace Silver und Dizzy Gillespie zu dekonstruieren und in ihren eigenen Musikkosmos zu überführen. Mit einem facettenreichen Arrangement von Rhythmen und Tonfolgen kreieren sie einen unorthodoxen Großstadt-Jazz mit zahlreichen solistischen Attacken auf althergebrachte und bekannte Überlieferungen.

Von Beginn an mit Vollgas

Dabei wirkt die Musik des 52-jährigen Pianisten aus New York auf den ersten Blick eher unspektakulär, auf die reine Trioform reduziert etwas unterkühlt. Von Beginn an geht Ethan Iverson mit Vollgas in die erste Runde, als hätte er bereits ein halbstündiges Warm-Up hinter sich. Auch dem Publikum wird an diesem Abend kaum Gelegenheit zum Aufwärmen gegeben. Vieles erscheint impulsiv, aber auch enorm ausgereift. Ein ausgeprägter Formwille weist den Weg. Dabei geht es ihm um Anverwandlung von Geschichte, die er sehr offen definiert. Vor allem Kendrick Scott überzeugt bei diesem anderthalbstündigen Gig, denn die Virtuosität, mit der der Drummer vom Anschlag mit Schlegeln bis zur rhythmischen Brechung immer wieder neue Formen der Tonbeeinflussung findet, hat viel Schauwert, bewegt sich aber immer im Sinne der Sache.

Obwohl die zum Teil frei gestalteten Melodien stellenweise etwas abehoben klingen, hat der Abend insgesamt doch eine Form, die mit subtilem Spannungsaufbau den Besonderheiten der Songs auf die Schliche kommt. Kein Zweifel: Diese Art von Jazz kennt kein Verfallsdatum und wirkt trotz des Rückgriffs auf bewährte Melodien keineswegs wie ein Abklatsch oder gar wie ein Plagiat. An die aufregenden und kongenialen Sessions des Ausnahmetrios The Bad Plus reicht das Ethan Iverson Trio allerdings nicht heran.

Jürgen Spieß

Portraits von Ethan Iverson

Portraits von Kendrick Scott