Faucia Maria Beg International Quarteto Brasil bei den 2. Heckengäu Jazztagen
Faucia Maria Beg – voc
Yaron Stavi – bass
Lorenzo Petrocca – git
Isabelle Bodenseh – flt
Deufringen, April 2024
Brasilien in der Provinz
Da singt eine Inderin in brasilianischem Portugiesisch, ein Italiener spielt „landestypische“ Jazzlicks, ein Israeli zupft den Kontrabass und eine Halbfranzösin bläst (Bass-) Querflöte. Das alles zusammen in den alten Gemäuern des Schlosses Deufringen in der schwäbischen Provinz im Heckengäu bei Aidlingen; fernab von den Metropolen und dennoch bekannt in Jazzerkreisen. Über Jahrzehnte haben sich dort kleine aber feine Jazzveranstaltungen etabliert. Renommierte Jazzer wie Pete York, Joe Viera, Charly Augschöll, Chico Freeman, Charlie Antolini oder Dizzy Krisch gaben sich dort bereits die Klinke in die Hand.
Leider fiel der kleine, aber feine Jazzclub nach langer Krankheit und schließlich Tod seine Gründers Georg Schütz (p) erst mal in einen Dornröschenschlaf bevor Anfang 2020 der Ritter Antolini wieder neues Leben in den Schlosskeller hauchte. Mit Landesjazzpreisträger Alexander Bühl (ts) und Martin Johnson (p) hatte man zwei gestandene Profis in den Reihen, die im neu formierten Verein hoffnungsvoll in die Zukunft blicken ließen. Wolfgang Ruß, der Multiinstrumentalist und Musikhochschuldozent stand für die Durchführung von Workshops bereit und Hobbyjazzer Martin Wernado (b) wurde zum rührigen 1.Vorsitzenden gewählt. Die Lockdowns nach dem Antolini-Konzert im Februar 2020 machten zunächst mal alles zunichte. Lediglich mit Online Workshops (Ruß) hielt man sich über Wasser bis nach Pandemie-Ende wieder Konzerte veranstaltet werden konnten. Das neue Format Heckengäu Jazztage konnte im April 2023 erstmalig an den Start gehen und nun ein Jahr danach die zweite Auflage.
Von Bossa Nova über Choro und Samba bis hin zur Musica Popular Brasileira
Mit der indischen Sängerin Faucia Maria Beg und ihrem International Quarteto Brasil wehte eine feine brasilianische Prise durchs Schlossgemäuer und rund 100 Besucher ließen sich gerne davon an die Copacabana tragen. Mit ihren Spielkameraden, dem Bassisten Yaron Stavi, Lorenzo Petrocca (g) und Gastmusikerin Isabelle Bodenseh (fl) wurde eine Formation präsentiert, die sich in kammermusikalischer Besetzung der brasilianischen Musik in all ihren Facetten verschrieben hat. Jeder Musiker trug seine kulturelle Erfahrung und seinen individuellen Stil bei, was zu einem faszinierenden und abwechslungsreichen Sound führte. Dabei bewegte sich die Band stilsicher durch eine Fülle brasilianischer Genres, von Bossa Nova über Choro und Samba bis hin zur Musica Popular Brasileira. Das Erstaunliche dabei: Den Perkussionisten suchte man trotz Latin Grooves vergebens. Die Formation konnte sich das jedoch leisten. Das kreative Zusammenspiel von Bass, Flöte und Gitarre sorgte für einen entsprechenden Klangkörper bei dem man sich das leisten konnte.
Für den ursprünglich angekündigten Saxophonisten Stefan Koschitzki sprang Isabelle Bodenseh ein, die mit besonders herausragenden Flöten-Licks spielerisch improvisierend mit den Lautmalereien Begs bestens kommunizierte. Beg selbst glänzte mit humorvollen Ansagen und einer Stimmakrobatik, die ohne jegliche Anstrengung ihrer Kehle entsprang. Nach einigen brasilianischen „Tristessa“-Nummern versprach Beg in breitestem Schwäbisch: „Jetzt mache mor was Luschdigs!“, worauf Bossanova-Schöpfer Antonio Carlos Jobim mit „O Pato“ auch mal zu Wort kam. Das International Qarteto wartete neben Ritmo Brasileiro denn auch mit indischer und in den Zugaben mit italienischer Feinkost auf, was dem Gesamtgericht die internationale Note verlieh. Petrocca und Beg neckten sich immer wieder mit den Archetypen ihrer Heimatländer, sehr zur Erheiterung des Publikums. Musikalisch sind sie ein brillant eingespieltes Team, zudem letztlich auch Bodenseh zählt, die mit Petrocca zudem in einer „Steady Working Band“ (Flowing Mind) unterwegs ist. Alles in allem schnürte dieses Quartett ein Soundpäckchen, das die Besucher nur allzu gerne auspackten und mit süßen Musica do Brasil-Geschenken beschwingt nachhause gehen durften.
Bernd Epple
Portraits von Isabelle Bodenseh
Portraits von Lorenzo Petrocca