Jacky Terrasson Trio im Sudhaus Tuebingen 2022
Jacky Terrasson, Klavier
Géraud Portal, Bass
Lukmil Perez, Schlagzeug
Tuebingen, 22.10.2022
Der heimliche Star des Abends: Ein Steinway D 274!
Ganz leise fängt es an, das Konzert des Jacky Terrasson Trios, das Jazz im Prinz Karl im Tübinger Sudhaus veranstaltet hat. Wegen des hierzulande unbekannten Namens sind leider nur etwa 200 Zuhörer gekommen, die dies ganz sicher nicht bereut haben.
Nach dem solistischen Intro von Jacky Terrasson auf dem großartigen Steinway steigen die beiden Mitspieler ein, der Bassist Géraud Portal und der kubanische Schlagzeuger Lukmil Perez und unterlegen das Pianospiel mit solidem Rhythmus.
Ruhig sollte es aber nicht bleiben, denn Terrasson ist ein Vulkan am Piano mit expressiver Körpersprache und Mimik. Er bleibt keine Sekunde ruhig dem Klavierhocker sitzen, er spielt mal mit subtilem dann wieder härterem Anschlag, zupft die Saiten im Steinway, klopft auf das Piano, weist Immer wieder anerkennend auf den Steinway, mit dem er offensichtlich sehr zufrieden ist.
Und Spaß an seinem Spiel hat Terrasson auch, die Melodien werden mitgesummt und von „Ahhh“ und „Uhhh“ begleitet. Diese temperamentvolle, lässige Herangehensweise unterscheidet ihn von anderen Pianisten – und er kann es sich erlauben, denn er beherrscht die Technik, linke und rechte Hand spielen die verrücktesten Läufe.
Meister der Coverversionen
Terrasson ist ein Meister der Coverversionen, er bedient sich bei der halben Jazzgeschichte, zitiert bekannte Standards wie „My funny Valentine“ und vermengt diese mit allerlei Fragmenten diverser Stilrichtungen, sei es Klassik, Rock oder Pop, um daraus seine ganz eigene Musik zu kreieren in die er auch eigene, geradezu poppige Melodien mischt.
Da der in Berlin Geborene kein Deutsch spricht, schafft er mit launigen, englischen Ansagen, seinem Humor, seiner Improvisationslust und Spontaneität das Publikum von Anfang an zu begeistern. Konzerte mit ihm sind immer ein intensives Erlebnis. Dazu braucht er aber die geeigneten Rhythmusgespanne bestehend aus den verschiedensten Bassisten und Drummern. “Das Trio ist für mich wirklich ideal”, meint Terrasson. “Es ist die Formel, in der ich mich am freisten fühle und die meines Erachtens das größte Potenzial an Kreativität, individuellem Ausdruck und kollektiver Interaktion bietet.”
Das Trio spielt zwei gleich gute Sets, die Musiker verstehen sich blind, die Rhythmusgruppe hält die teilweise wilden Ausritte Terrassons zusammen und erdet die Musik, bleibt aber solistisch etwas im Hintergrund. Der Sound im neuen Sudhaus Saal stimmt, so dass alle mit dem Abend zufrieden sind. Die Zuhörer mit dem Konzert, Terrasson mit dem Flügel. Er verbeugt sich am Ende nicht nur vor dem Publikum, sondern auch vor dem Flügel, er ist ganz hin und weg von der Qualität des Steinway D 274. Guten Musikern muss man was Feines hinstellen, dann machen sie große Musik auf dem großen Steinway, einem 2,74m langen Instrument, dem heimlichen Star des Abends!
Helmut Hugo Burkhardt
Portraits von Jacky Terrasson