Jason Moran – Christian McBride Duo beim Jazzfestival Esslingen 2021
Jason Moran, piano
Christian McBride, bass
Esslingen, 8. 10. 2021
Ein Jazzkonzert der Oberklasse
Christian McBride und Jason Moran beim Jazzfestival Esslingen
Christian McBride gehört schon seit vielen Jahren zur absoluten Creme de la Creme der New Yorker Jazzszene: Bei seinem Duokonzert in der gut besuchten Esslinger Stadtkirche St. Dionys bewies der Kontrabassist zusammen mit Pianist Jason Moran, weshalb das so ist und dass solcher Art Vorschusslorbeeren keineswegs zu hoch gegriffen sind.
Und das dachten sich wohl auch die Organisatoren des Esslinger Jazzfestivals, die die beiden Jazzer in die historische Altstadt gelotst hatten. Locker, lässig und gleichzeitig virtuos, nicht überperfekt, sondern extrem spielfreudig gingen die beiden Musiker ans Werk. Sie waren ganz offensichtlich mit den Konzertumständen mehr als zufrieden. Kein Wunder, denn die Stadtkirche St. Dionys bietet sich durch seine Größe und die guten Klangverhältnisse geradezu für ein stimmungsvolles Jazzkonzert an.
Eindrucksvoll demonstrierten die beiden Musiker aus New York, wie eingängig und fesselnd ein Duokonzert sein kann. Manche der längeren Stücke erinnerten fast schon an kleine Jazz-Suites, in der ein Thema langsam aufgebaut wird, um dann in einem kurzen Übergang in das nächste überführt zu werden. Ein höchst spannungsreicher, von filigraner Klangschönheit und intensivem Austausch bestimmter Diskurs zwischen zwei exzellenten Musikern. Das gilt sowohl für den 46-jährigen Pianist und Echo-Jazz-Preisträger Jason Moran, als auch und besonders für den siebenfachen Grammy-Gewinner Christian McBride.
Sein Spiel auf dem von Tobias Festl ausgeliehenen Viersaiter ist abgeklärt, teilweise pfeilschnell und dennoch mit einem überaus warmen Ton ausgestattet. Voluminös und mit einer Fülle an Klangfarben behielt er auch bei ausschweifenden Improvisationen bis zum letzten Ton den Überblick und den Bezug zu den Themen. Beeindruckend auch, wie dicht und packend das Duo im gemeinsamen Spiel auftrat. Da wurde weder mit beeindruckenden Soli, noch mit frei assoziativem Spiel gespart. Ja, McBride und der bei einem Stück mitpfeifende Moran ließen sich geradezu in ihre Musik fallen und tauchten erst nach der Zugabe „What a Wonderful World“ wieder auf.
Die Stationen des Jazz von Bebop bis Modern Jazz wurden einerseits voll ausgekostet, andererseits überzeugte das Duo mit unter die Haut gehenden und entschlackten Jazzstandards. Immer wieder lupften sie sich die Bälle gegenseitig zu und verloren dabei nie die Leichtigkeit. Die meist langen Stücke steckten voller eingängiger Feinheiten, Wendungen und Klangfarben.
Zuweilen ließ der Jazz, wie ihn die Beiden spielten, gar eine Prägung durch den musikalischen Impressionismus erkennen. Er meidet das Grelle, geht vielmehr in die Tiefe und setzt auf den feinfühligen Dialog. Es ist Jazzmusik, die von einem Duo gespielt wurde, das nach einer kurzen Warmspielphase beneidenswert holperfrei und passgenau zusammenspielte. Wahrlich ein Jazzkonzert der Oberklasse.
Jürgen Spieß
Portraits von Jason Moran
Portraits von Christian McBride