jazzahead! 2023 – Showcases Donnerstag

Andromeda Mega Express Orchestra, Harold Lopez-Nussa Quartet und Sc’ööf

Bremen, 27.4.2023

Andromeda Mega Express Orchestra

Daniel Glatzel (cl, ts, a-git, comp)
Mourot Laure (fl)
Oliver Roth (fl)
Vincent Bababoutilabo (fl)
Johannes Bohmer (tpt)
Andrej Ugoljew (tb)
Anna Viechtl (harp)
Taiko Saito (vib, percus)
Kalle Zeier (el-g)
Matthias Pichler (db)
Marius Wankel (dr)

Das vielköpfige Ensemble entwickelt subtil-verwobene Klangwelten, die sich in langen Bögen aus übereinander geschichteten Lines, Kürzeln, Figuren ständig verändernd entwickeln. Pulsierend-flirrende Beats auf den Becken treffen auf eine Wah-Gitarre, die Anleihen bei Wah Wah Watson nimmt, das Vibraphon zelebriert die klassische Improvisationskunst der Meister dieses Instruments, im Hintergrund liefern die Bläser spannend-dissonante Voicings, eine gestopfte Trompete löst sich solistisch für einen Moment aus dem Soundgefüge. Mitunter entsteht eine sich steigernde Unruhe, die dann plötzlich explodiert. Dies alles ist rhythmisch anspruchsvoll, fantastisch arrangiert und wer mag, kann sich an hier und dort an Gil Evans, Bitches Brew und Terry Ryley erinnert fühlen, was aber zur Verortung dieser Musik bei weitem nicht ausreicht. Mega aber ist das, was dieses Ensemble auf die Bühne stellt, allemal.

Wolfgang Fricke

Harold Lopez-Nussa Quartet

Harold Lopez-Nussa (p)
Gregoire Maret (harm)
Luques Curtis (db)
Ruy Adrian Lopez-Nussa (dr)

Der kubanische Pianist Harold Lopez-Nussa spiegelt den ganzen Reichtum der Musik seines Landes wider. Zu seinem Quartett Timba a la Americana gehoren Gregoire Maret, Luques Curtis und Ruy Adrian Lopez-Nussa. Ein neues Album wird in Kurze bei Blue Note veroffentlicht. Seine Musik „weckt die Sehnsucht, durch die schmutzigen, hubschen Strasen der Stadt zu gehen, wahrend aus jedem Fenster Musik drohnt“. (LondonJazz News).

jazzahead!

Sc’ööf

Christian Zemp (g)
Noah Arnold (as)
Elio Amberg (ts)
Amadeus Fries (dr)

Mitten in den Bergen der Schweiz trafen sich 2015 eine Gruppe Gleichgesinnter, vereint in ihrer Leidenschaft, klangliche Grenzen zu überschreiten. Die radikale Sprache von Sc’oof trotzt jeglicher Kategorisierung und verbindet Jazz, Rock, Metal, Punk und experimentelle Musik. Über ihr Debutalbum „Weaving Elephants“ von 2019 schrieb Jazz’n’More: „Die Musik fesselt durch ihre Andersartigkeit und Kompaktheit“.

jazzahead!

Ana Carla Maza

Ana Carla Maza (clo, voc)
Norman Peplow (p)
Luis Guerra (percs)
Marc Ayza (dr)

Die Kubanerin am Cello – feuerrotes Kleid, Blüte im Haar – liefert einen gefühlvoll-leidenschaftlichen Auftritt ab. Vom bisweilen melodramatisch wirkenden Gestus der Bandleaderin und Chanteuse darf man sich aber nicht hinters Licht führen lassen. Ana Carla Maza ist nicht nur ausdrucksstarke Sängerin. Sie ist auch eine mit allen Wassern gewaschene Instrumentalistin, die das klangliche Spektrum des Cellos sehr beeindruckend beherrscht: gezupft, gestrichen, mit akkordischem Spiel und versierten Solopassagen. Die Band agiert rhythmisch expressiv und bringt feinste Latin-Music zu Gehör. Ganz große Freude: Das feurige Solo von Luis Guerra an den Congas. 

Wolfgang Fricke

Schntzl

Casper Van De Velde (dr, elec)
Hendrik Lasure (p, elec)

Dichte Bassdrumkaskaden wummern dem Autor beim Betreten des Schlachthofs entgegen. Der Blick auf die Bühne dann ist vielversprechend. Denn bei Schntzl sieht es aus, als hätte jemand die Spielzeugkiste im Kinderzimmer ausgeschüttet. Es versammelt sich allerhand Gerät und kilometerweise Kabel nicht nur beim Drummer Casper Van De Velde, sondern auch bei Keyboarder Hendrik Lasure. So konsequent, wie sich Schntzl den Vokalen im Bandnamen verweigern, so konsequent vermeiden sie Hörgewohntes. Lasure etwa setzt kurze Pattern, die als sich repetive Wiedergänger zwischen Van De Veldes aberwitziges Spiel schlängeln. Dieser sampelt sich on the Fly kleine Snipets, unter anderem mittels eines ins Set integrierten (!) Vinyldrehers, während die Snaredrum mit wechselnden Toppings (Radkappe…) versehen wird. Daneben kommen auch Ballhupen und Tischtennisbälle zum Einsatz. Heiterkeit allenthalben. Ein dekonstruktivistisches, provokatives, hochkreatives Vergnügen und extrem unterhaltsam, vom Publikum sehr goutiert!

Wolfgang Fricke

Mozes & Kaltenecker

Tamara Mózes (voc)
Zsolt Kaltenecker (keys, fx)

Schon bevor man Halle 7.2 betritt, hört man die breiten Soundpads, die dicken Basspatterns und den raunenden Gesang von Mozes & Kaltenecker. Das Duo aus Ungarn braucht nur wenig Platz auf der Bühne, entfaltet aber eine erstaunlich üppige musikalische Präsenz. Ihre Musik ist eher ruhig und entfaltet sich langsam. Nichtsdestotrotz kann sie sich aber sehr dynamisch entwickeln: Kaltenecker generiert dann packend-zerrende Sounds aus seinen Chips, die Mozes mit Wechseln ins hohe Register toppt. Eigenwillig ist das alles, und hörenswert allemal.

Wolfgang Fricke

Unser Konzertbericht: Harold López-Nussa Trio im Jazzclub Bix Stuttgart

Portraits von Grégoire Maret