JazzTime Böblingen mit Flute & more 2023
Isabelle Bodenseh – Querflöten
Max Grosch – Violine
Tilman Jäger – Piano
Markus Bodenseh – Kontrabass
Michael Kersting – Schlagzeug
Böblingen, 8.12.2023
Auf Flötenschwingen in sonnig-luftige Höhen
Die Flötistin Isabelle Bodenseh malt mit ihren Querflöten neue frische Farben in die Klanggemälde einer Jazz-Combo und begeistert ihr Publikum im Böblinger Sparkassenforum
Saxophone, Trompeten und Posaunen im Jazz – nichts Neues; eine kraftvoll groovende Querflöte dagegen – eher weniger geläufig. Die Auswahl an Jazzflötisten ist nicht gerade groß, doch Tilman Jäger, der künstlerische Leiter der Böblinger JazzTime wurde fündig. Zwar nicht am Bodensee, aber mit Bodenseh war eine geeignete Holzblasinstrumentalistin aufgespürt, die im Nachbarland Rheinlandpfalz zuhause ist. Geeignet, weil man bei der JazzTime die Latte natürlich schon deutlich höher hängt, als bei irgendeinem Stadtfest. Isabelle Bodenseh machte bereits Ende März dieses Jahres beim „Jazzin’ Herrenberg“ auf sich aufmerksam und so war es nur eine Frage der Zeit wann sie in Böblingen landen würde. Rund 150 Besucher pilgerten also am vergangenen Freitag zum Sparkassenforum, um sich Bodenseh nicht entgehen zu lassen. Und es sollte sich lohnen! Nicht nur dass da eine Ausnahmekünstlerin auf ihrem Instrument am Werk war, sondern auch eine Band mit handverlesenen Vollblut-Musikern.
Band aus Vollblutmusikern
Zum ersten Mal durfte man Bodenseh mit ihrem Cousin Markus Bodenseh am Kontrabass erleben und Pianist Tilman Jäger hielt am Piano die Fäden in der Hand, so versiert wie man es von ihm kennt. Aus der Münchner Ecke hatte er den Violinisten Max Grosch mitgebracht und am Schlagzeug sprang Michael Kersting für den erkrankten Christian Merk ein. Kersting war bereits mit zahlreichen Jazzgranden wie Chet Baker, Jaco Pastorius, Wolfgang Dauner oder Klaus Doldinger unterwegs, um nur einige zu nennen. Kein Wunder also, dass dem Drum-Fuchs zwei Vorbereitungstage und lediglich eine Probe am Nachmittag für einen glanzvollen Abendauftritt genügten. Zurück ins Sparkassenforum. Wie jedes Jahr fand das letzte Konzert der JazzTime-Reihe dort statt. „Fly High“ hieß Bodensehs Opener. Nomen est Omen: Sie nahm das Publikum wie eine frische Prise über mehrere Lagen tirilierend mit auf einen Gleitschirmflug über die Alpen. Es war die Erfahrung ihres Erstling-Fluges im vergangenen Sommer, den sie natürlich postum in Töne fassen musste und der genügend Raum für die Höhenflüge ihrer „Spielkameraden“ ließ. Gleich nach der Landung nahm die Halbfranzösin das Mikro in die Hand und moderierte herzerfrischend fast die ganze Veranstaltung über. Bereits beim nachfolgenden Stück „Confluting“ war staunendes Raunen zu vernehmen, als sie die mächtige Bass-Querflöte in ihre zarten Hände nahm; gestützt von einem Stativ. Warme Basstöne wurden mit Überblastechniken veredelt und unversehens befand man sich in musikalischem Neuland, das Marcus A. Woelfle vom Bayerischen Rundfunk einmal so beschrieb: „Sie beherrscht alle Schattierungen von Blas- und Klappengeräuschen, sie singt hinein, überbläst, flattert, flirrt, schnarrt und summt“. Auch wenn man bei diesem Konzert der Illusion unterlag, es seien jetzt alle Trümpfe ausgespielt, konnte Bodenseh immer noch eins draufsetzen.
Orgastische Licks aus dem Silberrohr
Bei einer Komposition ihres Cousin Markus zauberte sie geradezu orgastische Licks aus ihrem Silberrohr und Jäger freute sich sichtlich darüber, wie gut Geige und Querflöte harmonieren. Auch Besucherin Heinrike Fritschle aus Nufringen ist von dieser Kombination angetan: „Sehr schön wie sich diese beiden Instrumente unterstützen“, befand sie in der Pause und „Schon abgefahren was sie mit der Bassflöte macht!“. Bei allem Lob für eine Ausnahmeflötistin, die einen Großteil der Kompositionen lieferte, dürfen Groschs kreative Beiträge nicht unter den Tisch fallen. „It’s a Piece of Cake“ oder „Circular“ aus seiner Feder, verliehen dem Jazz-Menü einen gehörigen Schuss Würze und die jazzrockige Spieltechnik weckten bisweilen Erinnerungen an Jean Luc Ponty oder Didier Lockwood. Zum krönenden Schluss durfte natürlich die Jäger‘sche Auslegung von Weihnachtsliedern nicht fehlen. Nach dem Finale „Ich steh an deiner Krippe hier“, mit tiefem Griff in die kubanische Salsa-Kiste, folgte als Zugabe „Hört der Engel helle Lieder“ – im 7er-Groove! Jazznachten kann kommen.
Bernd Epple
Portraits von Isabelle Bodenseh
Portraits von Max Grosch
Portraits von Tilman Jäger
Portraits von Markus Bodenseh
Portraits von Michael Kersting