Ladies Jazz Night – Sindelfinger Jazztage 2021
Isolde Werner, Gesang, Gitarre
Barbara Jungfer, Gitarre
Kristina Brodersen, Saxofon
Laia Genc, Piano
Karoline Höfler, Bass
Carola Grey, Drums
Sindelfingen, 20.6.2021
Ladies Jazz Night bei den 7. Jazztagen Sindelfingen der igkultur
Geballte Lady-Power beendet die Jazztage
Die Bassistin Karoline Höfler stellt für die Jazztage Sindelfingen eine famose Frauen-Band zusammen
Sängerinnen im Jazz sind ein längst vertrautes Bild, bisweilen auch Instrumentalistinnen; aber gleich sechs „Jazzerinnen“ auf einen Streich, das sieht man selten. Die guten Verbindungen der IG Kultur zur Stuttgarter Kontrabassistin Karoline Höfler machten es möglich. Diese stellte eine Formation, bestehend aus zwei Kölnerinnen (Kristina Brodersen-Altsaxophon und Laia Genc-Piano), den Münchnerinnen Barbara Jungfer (E-Gitarre) und Carola Grey (Schlagzeug), sowie der Ulmerin Isolde Werner (Gesang/Gitarre), zusammen. Für die „Ladies Jazz Night-Festival Band“ war der Sonntagabend im Kulturzelt quasi eine Welturaufführung. Dafür probte man am Sonntagmittag im Pavillon erstmalig zusammen und das Ergebnis konnte sich sehen und hören lassen. Mehr als das, denn die rund 60 Besucher/innen standen förmlich Kopf, als das Konzert kurz vor 22 Uhr zuende ging.
Den Eröffnungsreigen gestaltete der „My Little Red Top“-Blues. Das swingte schon mal ordentlich los. Isolde Werner legte ihr ganzen Vokalkünste rein, scattete und spielte den Ball an die Solistinnen Kristina Brodersen, Barbara Jungfer und Laia Genc weiter, die ihrerseits umgehend andeuteten auf welche Klasse man sich an diesem Abend freuen durfte. „Es ist fast surreal, dass wir hier mich echten Menschen zusammenhocken. Wir freuen uns wahnsinnig!“ strahlte Karo Höfler mit Blick aufs gut gefüllte Zelt. Wer nun glaubte, dass diese zusammengewürfelte Formation nun einen Standard nach dem anderen runternudeln würde, wurde erfreulicherweise eines Besseren belehrt. Die Musikerinnen brachten allesamt Eigenkompositionen mit, die unterschiedlicher kaum hätten sein können. Doch eines hatten sie dennoch gemeinsam: Esprit und Tiefgang. Gencs „Julimond“ leitete die Kompositionen der Damen ein, welche lediglich von wenigen Standards und einer Pause unterbrochen wurden. Höfler gab mit einem Basssolo als Erste ihre Visitenkarte in Punkto Instrumentenbeherrschung ab. Wunderbar schwebte sie über die schönen Harmonien des entspannten Themas. Das darauffolgende Saxophonsolo knüpfte wie eine leichte Sommerbrise an. Das Publikum schien bereits schon jetzt so entrückt zu sein, dass das Solo-Ende kaum wahrgenommen wurde. Kreative Gitarren-Licks und ein einfühlsames Saxophon auch bei Brodersens „Konstantinopel“, das mit einem „lächelnden“ Pianosolo endete. In ganz andere Welten führte das marokkanisch angehauchte „Gnawa“ von Gitarristin Jungfer oder deren „Honiglicht“-Spaziergang mit ihrer kleinen Tochter. Ihr eher rockiges „Wolumla Skies“ mit Rockgitarren-Solo und ein Schlagzeug, das erste filigrane rhythmische Duftmarken setzte, führten in die Pause.
Danach war erstmalig zu bestaunen, dass Isolde Werner nicht nur über eine imposante Stimme verfügt, sondern es auch versteht, die akustische Gitarre zu zupfen. Im Dreiertakt glänzte Brodersen mit einem „Laid Back“-Saxophonsolo. Die Formation kam immer wieder in verschieden Besetzungen auf die Bühne. Höflers Intension war, damit für möglichst viel Abwechslung zu sorgen. So war bei „Little One I‘ll Miss You“ ein klassisches Jazztrio mit Piano, Bass und Drums in Aktion, das vor allem mit einem äußerst kreativen Pianosolo geschmückt war. Thelonious Monks „Ruby My Dear“ wurde gar nur im Duo dargeboten. Voller Zartheit und mit butterweichem Alt-Saxophon verleitete es geradezu zum Wegträumen. Nach Trio und Duo musste folgerichtig Solo folgen. Grey saß alleine am Drumset, während ihre Kolleginnen bereits „in Deckung gegangen“ wären, ließ die Schlagzeugerin wissen. Es folge ein fulminantes Schlagzeug-Feuerwerk mit indischer Rhythmik und Trommelsprache. Das Publikum war aus dem Häuschen! Die geballte und humorvolle Rhythmus-Power aus München zeichnete sich schließlich auch verantwortlich für das große Finale: „Mad Chicks Fly“ ging funky zur Sache und nach „Navajo“ zeigte Grey hier zum zweiten Mal, dass sie auch über eine gewaltige Stimme verfügt. Vor allem zog hier Genc alle Register ihres pianistischen Könnens und manchem fiel es wohl schwer, still auf dem Stuhl sitzen zu bleiben, denn das Tanzbein zuckte schon gewaltig. Nachdem die Combo frenetisch gefeiert wurde, blieb selbstverständlich auch die lautstark geforderte Zugabe nicht aus. Bei den „trockenen“ und schönen „Seven Steps To Heaven“ zu verweilen, wäre dann allerdings wesentlich attraktiver gewesen, als mit deutlich mehreren „Steps“ durch den inzwischen aufgekommenen Regenguss vom „Heaven“ zum Auto oder einem sonstigen Fortbewegungsmittel zu gelangen.
Bernd Epple
Portraits von Karoline Höfler