Laura Kipp Quartett feat. Eric Séva bei den Internationalen Theaterhaus Jazztagen 2024
Laura Kipp (voc)
William Lecomte (p)
Jens Loh (b)
Eckhard Stromer (dr)
Eric Séva (bs, ss)
Stuttgart, 28.3.2024
Stimme mit Charisma und Persönlichkeit
Das Laura Kipp Quartett feat. Eric Séva kam, sah und siegte – bei den Theaterhausjazztagen trumpfte der zweite Teil des Doppelkonzertes mit dem Clara Vetter Trio mit Stimme und Groove
Jazz, Soul, Funk, Pop oder Chanson? Laura Kipp scheint sich nicht darum zu kümmern. Ihre Antwort ist Musik! Mit Jens Loh (Kontrabass) ist sie auf einen Musiker gestoßen, der ihr mit seinen Kompositionen die passenden Steilpässe für ihre Ideen und Texte zuspielt. Das kraftvoll intensive Pianospiel William Lecomtes und der Drum-Tausendsassa Eckhard Stromer schaffen eine ausgezeichnete Basis, um Lauras charismatische Stimme zur Geltung zu bringen. Wenn man, wie im Theaterhaus, noch den französischen Überflieger in Sachen Saxophon an Bord hat, kann eigentlich nichts mehr schief gehen. Eric Séva hatte allzeit die richtige Note bereit, wenn es galt, Lauras stimmliche Qualitäten auf seinen schwebenden Phrasenwolken in die Besucherränge zu tragen. Dafür hielt er sowohl Bariton- als auch Sopransaxophon bereit; eine Kombi, die man nicht so oft auf den Jazzbühnen zu sehen bekommt. Beide, sowohl das tiefe als auch das hohe spielte er, sich ganz in den Dienst der Stimme stellend, butterweich und einfühlsam und dies nicht nur beim Titeltrack der aktuellen CD „Sunset Balcony“, der zum Abschluss des Abends im Trio vorgetragen wurde.
Da war alles dabei
Mit Sévas Sopransax und Jens Loh, diesmal überraschend an der akustischen Gitarre, endete regulär ein überaus runder Abend. Da war alles dabei, herzergreifende Balladen und Groove at it’s best! Die Rhythmusgruppe arbeitete enthusiastisch und rief so manchen Zungenschnalzer hervor. Lecomte schien gelegentlich fast vom Hocker abzuheben, wenn er tatsächlich halb stehend perkussiv mit der linken Hand übergriff oder mit dieser die Saiten des Flügels dämpfte. Das sah nach Arbeit aus, aber nach einer, die man gerne verrichtet und in die man seine ganze Persönlichkeit einbringt. Kein Wunder also, dass dieser Funke auch auf Laura übersprang, auch wenn sie gerade „Singpause“ hatte. Das Stillsitzen auf dem Barhocker gelang also nicht immer. Immer ein Lächeln im Gesicht, gab sie sich ein ums andere Mal tänzerischen Bewegungen hin. Neben ihrer Körpersprache schmückte sie die Nummern vokal mit französischer und englischer Sprache, oder auch mal mit Lautmalereien im Scat-Stil. Ob mit glockenklarer Stimme, wunderbarem Timbre oder auch mal hauchend und guttural – was ihrer Kehle entsprang, kam aus dem Herzen. Und genau dies ist es, was eine große Sängerin ausmacht. Authentizität schafft Charisma!
„Quiet Land“ und „Sunset Balcony“
Das Gesamtpaket mit Stücken aus Lauras Debutalbum „Quiet Land“ und „Sunset Balcony“ stimmte. Es fällt schwer einen Musiker explizit herauszuheben. Sie alle strotzten vor Spielfreude, Kreativität und feinem Gespür für den Moment. Softe Balladen und messerscharfe Riffs wechselten sich ab. Das Publikum genoss das dermaßen, dass trotz fortgeschrittener Stunde vehement eine Zugabe gefordert wurde. Zu aller Überraschung kam schließlich noch einmal die Protagonistin des Konzert-Openers an den Flügel. Clara Vetter ließ es sich nicht nehmen, ihre ehemalige Hochschulkollegin und Freundin bei einer Bearbeitung des Beach Boys Songs „Don’t Talk“ zu begleiten und ließ dabei noch einmal ihre ganze pianistische Klasse aufblitzen. Ein Duo, das sicherlich auch mal ein eigenes Format starten könnte. Fazit des Abends: Genuss pur!
Bernd Epple
Portraits von Laura Kipp
Portraits von William Lecomte
Portraits von Jens Loh
Portraits von Eckhard Stromer
Portraits von Eric Séva