Noah Fischer und Band feat. Martin Johnson
Noah Fischer und Band feat. Martin Johnson bei den Sommerfarben in Herrenberg
Herrenberg, 8. 7. 2021
Der Herrenberger Marktplatz tanzt
Heiße Musik trotzt dem regnerischen Wetter bei den Sommerfarben
Der graue Himmel ließ sich am Donnerstagabend gewiss nicht mit „Sommerfarben“ assoziieren. Dennoch sorgten „Noah Fischer und Band“ für einen strahlenden Farbtupfer im trüben Grau. Bereits im Oktober 2019 war der Udo Lindenberg-Saxophonist zu Gast bei Martin Johnsons Konzertreihe „Martin Johnson trifft…“ im Mauerwerk. Wer dieses Energiebündel damals erlebt hatte, hatte sich bestimmt um Konzertkarten für diesen Kulturfestival-Abend bemüht, der dann schließlich auch schnell ausverkauft war. Noah Fischer atmet Saxophon durch jede Pore und scheint eins mit seinem Instrument zu sein. Diese augenscheinliche und hörbare Authentizität kommt bei den Konzertbesuchern an. Und was man in Herrenberg an den Lokalmatadoren Martin Johnson (Tasten) und seinem Sohn Lucas (Schlagzeug) hat, weiß das Konzertpublikum seit vielen Jahren. Ebenfalls aus der Region kommen James Geier (E-Gitarre) und Eric Ruby (E-Bass). Dieses Quintett verbindet nicht nur die Musik, sondern auch eine freundschaftliche Bande, deren Schwingung an diesem Abend die Besucher umgehend mitnahm und nicht nur deren Beine wippen ließ. Als dann Fischer mit seinem Altsaxophon gegen Ende der Veranstaltung alle Register seines Instruments zog und durch die Stuhlreihen lief, hielt es kaum mehr jemand auf den Stühlen.
Doch der Reihe nach – Bevor die Mannen komplett auf der Bühne standen, war der Jazz-Ohrwurm „Misty“, zunächst vom Band eingespielt, zu hören. Er leitete in „Urban Theme“ über und offerierte schließlich die ersten leckeren Kostproben von Fischers einfühlsam-virtuosem Saxophonspiel. „Es ist so schön, hier zu sein“, strahlte Martin Johnson zur Begrüßung; „Es gibt kaum ein Konzert auf das ich mich in den letzten Jahren so gefreut habe!“. Er kenne Noah aus Stuttgarter Zeiten, ließ er wissen. Fischer, Johnson und auch Geier hatten sich dort an der Musikhochschule kennengelernt. Daraus haben sich Freundschaften entwickelt, die über all die Jahre andauerten und sie immer wieder zusammenführen. „Mit Freunden Musik zu machen, die auf derselben Wellenlänge liegen“, ist auch für Fischer das Nonplusultra. Genau so funktioniere das auch in Udo Lindenbergs Panikfamilie, verriet er und noch mehr: „Ich bin sonst rund 200 Tage im Jahr auf Tour – heute ist meine erste Show seit dem Lockdown!“ Entsprechend groß war die Freude bei ihm und auch bei den anderen Musikern. „Maputo“ von David Sanborn war eine maßgeschneiderte Nummer, um dieser Freude Ausdruck zu verleihen, sowie der perfekte Aufmacher für einen Abend voll bunter Klangkaskaden. Diese kamen vornehmlich aus Fischers Kanne, aber auch James Geier zeigte, dass er weit mehr als „Liedermacher“ kann, als welcher er bereits im Rahmen von „Kultur im Freien“ im Mai auf dem Marktplatz aufgetreten war.
Kraftvolle Grooves waren genauso vertreten wie einfühlsame Balladen, wie man sie von Kenny G kennt, dem man mit „Seaside Jam“ und „Sentimental“ die Ehre erwies. Martin Johnson ist auch als Talentförderer bekannt und so präsentierte er im Oktober 2019 Sängerin Meric Selzer im Mauerwerk. Sie sollte auch am Donnerstag mit von der Partie sein, hatte jedoch den „tollsten Grund der Welt, kurzfristig abzusagen“ (Fischer): Sie ist Mama geworden! Johnson wollte dennoch auf jeden Fall eine Sängerin und bekam sie. Über Gitarrist Werner Acker und die Musikhochschule wurde er auf Kim Hofmann aufmerksam und diese kam, sah und siegte! „Get Here“ war nicht nur die Aufforderung, hier mitzumachen, sondern auch der erste Titel mit dem sie die Herzen des Publikums umgehend eroberte. Unglaublich, welche Kraft und Stimme in einer eher zarten Frau steckt! Bei „Love“ und „In Your Eyes“ schmolzen die Besucher und wohl auch Fischer endgültig dahin. Auf Knien betete er sie mit seinem Saxophon förmlich an. „Misty“ wurde als offiziell letztes Stück nochmals live präsentiert und Fischers Lieblingsstandard ging mit dessen Phrasierungen und High Notes-Orgasmen tief unter die Haut. Folgerichtig kam mit „What A Wonderful World“ noch eine Zugabe, zu der sich Fischer alleine auf die Bühne begab. Die strahlenden und teilweise verklärten Gesichter ließen darauf schließen, dass die Besucher voll auf ihre Kosten kamen, allen voran die Saxophon-Freunde.
Fotos und Text: Bernd Epple