Ornithology & more bei der jazztime Böblingen 2022
Eva Leticia Padilla – Gesang
Julian Hesse – Trompete
Tilman Jäger – Piano
Sebastian Schuster – Kontrabass
Torsten Krill – Schlagzeug
Böblingen, 24.6.2022
Eva Leticia Padilla jazzte mit der “Jazztime“-Band von Tilman Jäger
Keine Frage, die Frau ist ein Naturereignis. Kein noch so zurückhaltendes Publikum entkommt ihrem Charme. So auch geschehen am 24. Juni beim Böblinger Sommer am See. Die Jazztime war dort im zweiten Jahr zu Gast und lockte bei regnerischem Wetter rund 100 Besucher in die Alte TÜV Halle, wo neben der charismatischen Sängerin Tilman Jäger (Piano), Sebastian Schuster (Kontrabass), Julian Hesse (Trompete) und Torsten Krill (Drums) ihr Stelldichein gaben. Unter dem Motto „Orthinology & More“ stellte Tilman Jäger ein Programm zusammen in dessen Titeln das Federvieh eine Rolle spielte. Somit war der Opener „Lullaby of Birdland“ natürlich gesetzt. Die Hommage an den, nach Charlie Parker (Bird) benannten Jazzclub Birdland swingte bereits ordentlich los, als schließlich die „Nachtigall von der Bronx“ die Bühne betrat. Eva Leticia Padilla, selbst ein verrückter Vogel, schaffte es im Handumdrehen, die Besucher zu verzaubern und in ihren Bann zu ziehen. Nicht nur, dass sie über eine atemberaubende Stimme verfügt; sie zwitschert, scattet, gestikuliert, lächelt und ist einfach nur Musik. Ihr authentisches Auftreten kommt an! Neben den , von Jäger handverlesenen Standards wie „Lady Bird“, „Cherokee“, „Cold Duck“ oder „Bye Bye Birdland“ hat sie selbst noch ein Köfferchen mit Latino-Nummern dabei. Von mexikanisch/puertoricanischen Eltern in der New Yorker Bronx großgezogen, strandete sie um die Jahrtausendwende schließlich im Stuttgarter Raum, wo sie heute neben anderen Projekten vornehmlich als Bandmitglied von Obi Jennes Soul Diamonds agiert.
Auch ein Köfferchen mit Latino-Nummern
Mit „Sabor a mí“ nimmt sie die Gäste mit in ihr Elternhaus, wo es früher angeblich reichlich Tequila und Herzschmerz-Boleros gab. Ein verzücktes Seufzen ist auch in den Publikumsreihen wahrzunehmen. Auch der Schreiber dieser Zeilen gerät allzu leicht ins Schwärmen ob Authentizität und Sangeskunst dieser Dame. Dabei darf nicht vergessen werden, welch geniale Unterstützer sie mit dieser Band hatte. Jäger ist den Böblingern bestens bekannt; seit über 20 Jahren ist er künstlerischer Leiter der Jazztime und beweist seither ein glückliches Händchen was seine Spielkameraden anbetrifft. Selbst ist der Professor der Münchner Musikhochschule mit allen Genres gewaschen, streichelt und beackert seine Klaviertastatur einfühlsam und flink. An diesem Abend ist das Instrumentaltrio um ihn ebenfalls nicht von schlechten Eltern: Hesses Trioalbum „Troubleshooter“ wurde für den Preis der Deutschen Schallplattenkritik 01/22 gelistet, Krill und Schuster hießen die Landesjazzpreisträger 2006 und 2017. Entsprechend versiert bereiteten sie den Teppich auf dem Padilla mit ihrer ganzen Strahlkraft in Szene gesetzt werden konnte. „So etwas hat Böblingen noch nie gesehen“, lautete der Kommentar eines Besuchers, nachdem Padilla bei der zweiten Zugabe die guten Zeiten rollen („Let The Good Times Roll“) ließ. Ihre Übersetzung lautete schlicht: „Lasst es krachen!“. Niemand saß mehr auf den Stühlen. Die Leute tanzten, klatschten und sangen den Refrain mit. In dieser ausgelassenen Stimmung hätte für manche die Party wohl erst so richtig los gehen können.
Bernd Epple
Portraits von Eva Leticia Padilla
Portraits von Julian Hesse
Portraits von Tilman Jäger
Portraits von Sebastian Schuster