Sebastian Gille Quartet bei den Stuttgarter Jazztagen

Das Sebastian Gille Quartet bei den 41. Stuttgarter Jazztagen der IG JAZZ im Theaterhaus Stuttgart

Sebastian Gille – Sopran-& Tenorsaxophon
Elias Stemeseder – Klavier
Robert Landfermann – Kontrabass
Jim Black – Schlagzeug

Stuttgart, 29.10.2020

Die 41. Stuttgarter Jazztage starteten mit stilistischen Gegenpolen

Am ersten Abend der 41. Stuttgarter Jazztage präsentiert die IG JAZZ das Unikat unter den europäischen Jazzsängern Peter Fessler.


In völlig andere Welten führt nach der Pause der Tenor-und Sopransaxophonist Sebastian Gille mit Elias Stemeseder (Klavier), Robert Landfermann (Kontrabass) und Jim Black am Schlagzeug. Klangmalereien, ansatzlose High Notes und Anklänge an Neue Musik. Gille geht sehr körperlich ans Werk, scheint sich mit jeder Note physisch zu verbinden und lässt tiefe Blicke in seine Gefühlswelt zu. Gewagte Intervallsprünge und ein Ton, von einer geradezu hemmungslos emotionalen Intensität; das prägt diesen Individualisten, dem Genres egal zu sein scheinen. Er ist ein Grenzgänger in einer unverwechselbar eigenen Gestalt. Partiell erinnert der Vortrag der Band an die Freejazz-Ära, und schon wird man wieder auf einen klar durchkomponierten Klang-Teppich zurückgeholt. Gille erweist sich als Oberton-Spezialist und man unterliegt dem Eindruck: Der will alles, bloß nicht konventionell!

Ausdrucksstarke Musik

Auch seine „Spielkameraden“ halten offensichtlich nicht viel von Normen. Der barfüßige Drummer Jim Black tauscht seine Drumsticks auch mal gegen seine Hände aus, trommelt polyrhythmische Phrasen und streicht seine Becken mit Geigenbogen. Mit ebensolchem bearbeitet Robert Laufermann bisweilen perkussiv seinen Bass und Elias Stemeseder lässt seine Finger lautmalerisch auf die 88 Tasten seines Flügels perlen. Ausdrucksstarke Musik, keine Frage; nur den Groove sucht man vergeblich, sieht man mal von ein paar kurzen Momenten ab. Das heißt, dass rhythmische Entspannungsphasen zugunsten der Intensivität geopfert werden. Nach überlangen drei Stücken ist das Konzert zu Ende. Die meisten Besucher sind so sehr in Gilles Klangwelten eingetaucht, dass die Band nicht um eine Zugabe herumkommt. Etwas komplexer erscheint dann noch eine Hommage an Béla Bartók, bevor sich Gille mit einem „Das war megaschön nochmal vor dem Lockdown!“ verabschiedet.

Bernd Epple

Portraits von Sebastian Gille

Portraits von Elias Stemeseder

Portraits von Robert Landfermann

Portraits von Jim Black