Thabilé im Theaterhaus Stuttgart 2025
Thabilé, voc
Steve Bimamisa, git
Markus Schoelch, piano, organ
Steffen Hollenweger, bass
Daniel Schwenger, drums
Stuttgart, 28.2.2025
Der Glanz in der Stimme und das Funkeln in den Augen eines Kindes
Wieder mal ein Heimspiel, nicht für den VFB der in einem Kilometer Luftlinie entfernt zeitgleich im Stuttgarter Stadion gegen die Bayern aus München antrat, nein, Sangeskunst statt Ballkunst wurde an diesem Abend von der in Stuttgart wohnhaften südafrikanischen Sängerin Thabilé im gut gefüllten Stuttgarter Theaterhaus präsentiert. Seit 2016 lebt und arbeitet Thabilé zusammen mit dem Gitarristen Steve Bimamisa nun schon in der schwäbischen Metropole. Aufgewachsen ist sie in Dlamini, einem Township von Soweto (nach dem ihr erstes Album „Dlamini Echo“ benannt ist). Über ihren Vater weiß sie nicht viel, erzählt sie an diesem Abend, sie wächst bei ihrer Mutter, Großmutter und Tante auf. Die Mutter, selbst als Sängerin mit dem bekannten „Soweto Teachers Choir“ öfters auf Tournee, ermuntert ihre Tochter im zarten Alter von acht Jahren den Schul- und Gospelchor zu besuchen – und vermittelt Thabilé dadurch schon früh die Liebe zur Musik. Soul und Gospel hat sie quasi im Blut. Ihre ethnischen Wurzeln liegen in einem Township im südafrikanischen Johannesburg. Die Single „Play it Back“ widmete sie also sicher nicht ohne Grund dem überwältigenden Gefühl der Mutterliebe.
Geschichten und Musik die berührt und bewegt
Jeder Song hat seine Geschichte, die in einer sympathischem Mischung aus Südafrika-Englisch und „Schwäbisch-Deutsch“ von der Sängerin vor jedem Lied erzählt wird. So geht eine Reise musikalisch wie textlich von Captown bis Kairo, oder ist ein Plädoyer im Namen der Liebe für die Millionen von Flüchtenden auf dieser Welt. Die Soundmelange aus Pop, Jazz, Soul und Afro wird mit einer angenehm warmen Stimme präsentiert und von einer herausragend harmonierenden Begleitband untermalt. Die Sinnhaftigkeit und die Tiefe der Texte in Verbindung mit dieser stimmlichen Präsenz, entfalten eine zutiefst berührende Wirkkraft, die sich in die Seele Zuhörer einschleicht und eine innere Wärme entfacht. Niemand ist perfekt ist die Botschaft des Songs „In repair“, jedoch befindet sich der Mensch beständig in dem Zustand in dem er sich immer wieder sinnbildlich reparieren kann, sofern er in der Lage ist sich ehrlich zu reflektieren. Musikstücke die innerlich bewegen, aber die Stimmung wandelt sich beim Titelsong ihres letzten Album „Read my Lips“, als die äußere Bewegung beginnt. Denn Sitzen geht bei dieser Rhythmik nicht, bereits nach dem fünften Song tanzt der Saal und keinen hält es mehr auf den Sitzen. Tanzen, Klatschen, Singen, das Publikum ist Teil dieser Performance.
Ein engagiertes Musikerpaar, Leid und Elend kennt.
Thabile und Bimamisa wollen mit Ihrer Musik nicht nur unterhalten. In ihrem Debüt-Album „Dlamini Echo“ verweist die Sängerin auf das Township Dlamini, wo sie geboren und aufgewachsen ist und bis heute ist Rassismus immer noch ein riesiges Problem in ihrem Heimatland. In ihren Songs setzt sich die Südafrikanerin für ein verständnisvolles Miteinander unter den diversen Kulturen ein, in besonderem Maße für die Rechte der Frauen. Sie weiß genau worüber sie singt, denn sie hat das ganze Leid und Elend ihrer Heimat, aber auch die unbändige Lebensfreude ihres Volkes hautnah erlebt. Die Lieder erzählen in ergreifender Weise von den ganzen Missständen, sind aber ebenso eine Statement gegen jede Art von Ungerechtigkeit auf dieser Welt. Dazu passt auch ihr langjähriges Engagement an deutschen Schulen, wo sie Kinder besucht um sie über Vorurteile anderen gegenüber aufzuklären. Ihr Partner Steve Bimamisa der Gitarrist der Band, musste mit 14 Jahren aus dem Kongo fliehen und engagiert sich gegen Rechts und ist regelmäßiger Gast bei der alljährlichen Präventivwoche „Bunt statt Braun“ im Waiblinger Schwanen.
Ein funkelnder geschliffener Sound
Die Lieder der nahbaren Sängerin, die auch gerne mal durchs Publikum wandert, wollen wachrütteln und ermutigen. Es ist keine reine „Weltmusik“, sondern ein hochklassiger Mix, der sanft und weich, aber durchaus auch mal rockig und rau daherkommt. Die Begleitband angeführt von ihrem Produzenten und Gitarristen Steve Bimamisa hat sämtliche Stilarten traumwandlerisch im Griff, da kommt auch schon mal ein Reggae um die Ecke, abgelöst von funkelnd geschliffenen Soulsongs. Bimamisas Gitarrenspiel bietet ein grandiose Bandbreite, er kann die Saiten sanft streicheln, oder sein Instrument in einem eigentümliche „African-Style-Sound“ erklingen lassen. Markus Schoelch an den Keys, begeistert durch rasende Solos an der Hammondorgel, Daniel Schwenger (Drums) und Steffen Hollenweger bieten die rhythmische Basis für Thabiles „Musik der Freude und der Freiheit“. Ach ja, einen Crashkurs in Sachen südafrikanischer Lautsprache gabs auch, als die Sängerin eine Zuschauerin auf die Bühne zitierte um ihr, diese für westliche Ohren ungewöhnliche Sprache rudimentär beizubringen, was leidlich gelang, aber mit viel Humor gewürzt war. Es war ein Abend der textlich oft den Finger in verschiedene Wunden legte, aber in erster Linie ein Abend der Hoffnung vermittelt und bei manchen der Zuhörer ein Funkeln in die Augen zauberte, wie Thabile es in einem ihrer Songs über die Kinder beschreibt. Magische, bezaubernde, stimmungsvolle neunzig Minuten, mehr kann man von einem Konzert kaum erwarten.
Harald Kümmel
Portraits von Thabilé
Portraits von Steffen Hollenweger