Trilok Gurtu Band im Sudhaus Tuebingen 2021
Trilok Gurtu, drums, tabla….
Frederik Köster, trompet
Jesse Millner, piano, keys
Jonathan Cuniado, bass
Tübingen, 23.10.2021
Jazzrock mit indischem Flair
Auf ihrer „God Is A Drummer“ – Tour spielte die Trilok Gurtu Band vor rund 300 Besuchern im neuen Sudhaus-Saal auf
Bei ihm fließt der Rhythmus in vielfältiger Weise zusammen: Trilok Gurtu jazzrockte zum Abschluss der Jazz & Klassik Tage 2021 mit seiner dreiköpfigen Begleitband im neuen Tübinger Sudhaus-Saal und stellte sein neues Jazzrock-Album „Gott ist ein Drummer“ vor.
Unter den Schlagzeugern, den ganz großen des Jazz und der Weltmusik, ist Trilok Gurtu mit der experimentierfreudigste. Berührungsängste zu unterschiedlichen Musikstilen waren und sind ihm ebenso fremd wie zu anderen Jazzgrößen: So spielte er in seiner gut 50-jährigen Karriere mit Don Cherry, Miles Davis, Charlie Mariano, Philip Catherine, Oregon, John McLaughlin, Jan Garbarek, Pharoah Sanders, Annie Lennox, Pat Metheny und Joe Zawinul zusammen und ließ dabei immer seine nordindische Musiktradition einfließen. So auch bei diesem Konzert, das von einem opulenten, jazzrockigen Klangbild geprägt ist, aber auch vielfältige Berührungspunkte zur klassischen indischen Musik sowie afrikanischen, kubanischen und brasilianischen Musiktraditionen aufweist.
Gurtus aktuelles Crossover-Projekt mit dem Hamburger Trompeter Frederick Köster, dem türkischstämmigen Pianisten und Keyboarder Jesse Millner und dem E-Bassisten Jonathan Cuniado ist eine Reise durch jazzrockige Musiklandschaften mit nordindischem Flair. Es ist eine Würdigung bereits verstorbener Kollegen wie dem brasilianischen Schlagzeuger Nana Vasconcelos, dem Jazzdrummer Tony Williams und dem Mitbegründer von Weather Report, Joe Zawinul. Eine Begegnung unterschiedlicher musikalischer Traditionen, mit fließenden und pfeilschnellen Tabla-Rhythmen und einer ungewöhnlichen Balance aus Spannung und Entspannung, beruhigenden Bollywood-Melodien und elektronisch aufgemotzten Trompetensoli im Stil von Nils Petter Molvaer. Besonders in den knackigen – und zum Teil sehr lauten – Passagen zeigt das Quartett musikalische Durchschlagskraft.
Dazu zaubert Gurtu durch sein punktgenaues Tabla- und Schlagzeugspiel dynamische Rhythmusmuster. Er setzt die Trommeln und Becken seines Drumsets nicht nur rhythmisch, sondern fast schon melodisch in Szene. Ob Cymbals, Snaredrums, Toms, Congas, Kastentrommel, indische Tablas, Klanghölzer, Kuhglocken und sogar ein Eimer halb gefüllt mit Wasser – nichts ist vor diesem Rhythmusmeister sicher. Der in Bombay geborene und seit mehr als 20 Jahren in Hamburg lebende Drummer steht von Beginn an als zentrale Gestalt im Mittelpunkt und wirkt auch in den rasantesten Läufen souverän und entspannt, fast wie bei einer lockeren Jamsession. Er kann aber auch gleichzeitig Tabla und Schlagzeug spielen, mit Mund und Zunge atemberaubende Konnakol-Vocals erzeugen, banale Klänge rhythmisieren.
90 Minuten lang bietet die Trilok Gurtu Band fast schon kraftmeierndes, höchst pulsierendes und jazzrockiges Kunsthandwerk, das groovt, manchmal sphärisch abdriftet und dann wieder auf den Punkt kommt. Trilok Gurtu versteht es auf seine ganz eigene Weise, in Würde die Jahre zu durchschreiten und seine Kunst entsprechend mitreifen zu lassen. Kein unvergessliches Konzert, aber ein Seltenes und ein Besonderes allemal.
Jürgen Spieß
Portraits von Trilok Gurtu
Portraits von Frederick Köster
Portraits von Jesse Millner
Portraits von Jonathan Cuniado