Tuba & more der jazztime BB in der Kongresshalle Böblingen 2024
Matthew Bookert – Sousaphon
Jo Ambros – Gitarre
Tilman Jäger – Piano
Tommy Baldu – Drums
Böblingen, 16.2.2024
Von Tuba und Sousaphon
Mit „Tuba & more“ war die JazzTime am Freitagabend überschrieben. Neugierige Jazzfreunde füllten den Württemberg-Saal der Kongresshalle und feierten die ganz besondere tiefe Basslage eines Sousaphons
„Es fühlt sich hammermäßig an – noch nie habe ich mit einem Sousaphonisten als Bassisten gespielt!“, strahlte Tilman Jäger bereits nach dem dritten Titel des Abends. Der Pianist und künstlerische Leiter der Böblinger JazzTime-Veranstaltungen ist es gewohnt, dass entweder Kontrabass oder E-Bass den tiefen Tonteppich für eine Jazzcombo ausrollen. Dass der US-amerikanische Tubist Matthew Bookert jedoch die vier Basssaiten einer Standardbesetzung vergessen machen ließ, liegt nicht zuletzt an dessen Klasse mit der er das Sousaphon intonierte.
Nachdem die Tuba erst 1835 für die tiefe Basslage erfunden wurde, folgte seit 1890 das Sousaphon, quasi eine „Marsch-Tuba“ die insbesondere für Marching Bands in New Orleans und Militärkapellen besser geeignet war. Zum Auftakt des Abends wurde „Red Clay“ von Freddie Hubbard gewählt. Zu Beginn Klangkollagen über die die Combo schließlich ins musikalische Gespräch kam. Kaum stand der Groove im Raum wurde auch mittels Körpersprache kommuniziert. Tänzerische Bewegungen mit Sousaphon aufgrund der Größe des Instruments – undenkbar! Doch Bookert lehrte das Publikum eines Besseren.
Schlagzeuger Tommy Baldu stand dem in nichts nach. Keine Spur von einem gelangweilten Taktgeber! Hinter seinem „Rolling Bomber“, einem Slingerland Schlagzeug aus dem Jahre 1949, tat er es dem Bassisten in Punkto Leibesübungen gleich. Alle hatten sie Spaß miteinander, was die musikalische Darbietung natürlich enorm „auf-jazzte“!
Gitarrist Jo Ambros, ehemaliger Schüler und AEG Bigband-Gitarrist kam gerne von Berlin in seine alte Heimatstadt, um einmal wieder mit dem ehemaligen Bigband-Leiter der AEG Bigband zu musizieren. „Das war eine Zeit Anfang der 90er, aus der viele Bigband-Musiker den Weg auf die nationalen und internationalen Bühnen fanden“, ließ Jäger nach dem Konzert wissen. Ambros ist inzwischen ein vielgefragter Gitarrist und Komponist. Namen wie Max Raabe, Yusuf Islam (Cat Stevens), Helen Schneider oder Max Herre stehen, wie viele andere, auf seiner Adressen-Liste. Aus dieser hat er auch Bookert herausgestöbert als es um die Besetzung dieses Jazzabends ging. „Immer für neue Klänge offen!“, eine Haltung, die Jäger und Ambros gemeinsam innehaben.
Mal etwas ganz Anderes
Wie richtig sie damit liegen, zeigten die Reaktionen des Publikums, als man in der Pause an manchen Stehtischen hörte: „Mal etwas ganz Anderes“, „Etwas Besonderes“ und „Super!“. Mit geschlossenen Augen, wäre es überwiegend wohl kaum aufgefallen, dass der Bass nicht von vier Saiten gezupft wurde. So einfühlsam, warm und dynamisch ging Bookert mit seinem riesigen Instrument um. An anderer Stelle, wie zum Beispiel beim Ur-Blues „St. James Infirmary“, war „Dirty Play“ angesagt, oder polyphones Spiel unter Mitverwendung seiner Gesangsstimme bei Jägers Bearbeitung des Volksliedes „Verstohlen geht der Mond auf“.
Nomen est omen bei „Begegnung“ von Tommy Baldu. Sphärische Klanggemälde schaffen Raum für musikalische Interaktion, die auch bei den Besuchern tief unter die Haut ging. Schließlich verdichteten sich die Klänge zu einem Sound á la Pink Floyd. Eine wesentliche Rolle spielte Klangbastler Jo Ambros, dessen weiche und singende Sologitarre, die, teilweise mit Bottleneck gespielt, sehnsuchtsschwanger den Saal erfüllte. Wenn Ambros auf der Bühne steht, dürfen natürlich seine neu bearbeiteten Revolutionslieder nicht fehlen. „Blowin‘ in the Wind“ war eines davon. Zeitlos und aufrüttelnd, besonders beim Blick auf die kriegerische Weltlage. „Schon gleich nach dem ersten Song, hatte ich das Gefühl: Ja wir kennen uns!“ beschrieb Booklet nach getaner Arbeit im Foyer seine Spielfreude. Die gute Stimmung war spürbar auf die Konzertbesucher übergeschwappt, die auch nach zwei Zugaben nicht genug bekommen konnten. „Tuba“ – ja, „& more“ – auf jeden Fall!
Bernd Epple
Portraits von Matthew Bookert
Portraits von Jo Ambros
Portraits von Tilman Jäger
Portraits von Tommy Baldu