Wayne Escoffery Quartet im Jazzkeller Esslingen 2022
Wayne Escoffery, Tenorsaxophon
David Kikoski, Piano
Ugonna Okegwo, Bass
Mark Whitfield, Drums
Esslingen, 24.3.22
Hitziger Jazz mit mächtigem Ton
Ihre Europatournee führt das Wayne Escoffery Quartet in den Esslinger Jazzkeller
Wayne Escoffery ist ein viel gefragter und beschäftigter Musiker. Nach einem Auftritt in Paris und in Tobias Festls Pappelgarten schaute der Tenorsaxofonist für ein Konzert im Esslinger Jazzkeller vorbei. Mit seinem Quartet bot er ein musikalisch anspruchsvolles Konzert.
Der 1975 in London geborene und seit seiner Kindheit in den USA lebende Saxofonist ist ein Hans-Dampf-in-allen-Gassen, einer, der sich nicht in die Musik hineinschleicht, sondern gleich da ist, mit großer Präsenz, vom ersten Augenblick an. Dynamik ist ihm ein wichtiges und gut gepflegtes Gestaltungsmittel. Seine Soli bringen eine hoch entwickelte Spielkultur zum Ausdruck und glänzen durch ihre differenzierten Ausdrucksweisen. Während sich viele seiner Generation weiterhin bequem anlehnen an Bebop und Swing, gönnt sich der gut deutsch sprechende Saxofonist aus New York innovative Ausflüge, wagt Neues, kokettiert aber auch gerne mit dem Sound von John Coltrane, Wayne Shorter und Joe Henderson.
Im Pappelgarten gastiert das langjährige Mitglied der Mingus Big Band, mit der er 2011 einen Grammy Award gewann, mit einem altersmäßig heterogenen Trio. Links neben ihm sitzt der (heute!) 32-jährige Mark Whitfield JR. am Schlagzeug und liefert mit druckvollem, ja leidenschaftlichem Spiel den Rhythmus. Zur Rechten traktiert der 60-jährige David Kikoski das Piano und strahlt mit seinem Spiel eine Frische aus, die beeindruckt. Seine Soli bauen auf vielem auf, auf Geschichte, auf Vorbildern, aber sie bleiben da nicht stehen. Hier liefern sie den Widerpart zu dem mächtigen Ton von Escofferys Tenorsaxofon. Schließlich wird das Quartet komplettiert von dem 60-jährigen deutsch-nigerianischen Kontrabassisten Ugonna Okegwo, der in Münster aufwuchs und seit 1989 ebenfalls in New York lebt.
Stilistische Begrenzungen scheint Wayne Escoffery nicht zu kennen. Sein Repertoire reicht von hardbop-inspiriertem Material über langsame, getragene Melodien bis hin zu hitzigem Jazz. Harte trockene Floskeln wechseln sich ab mit Melodiefragmenten. Frappant die Technik des Saxofonisten, ansatzlos kommt sein Ton, mühelos wechselt er vom Tenor- zum Sopransaxofon. Vor allem nach der Pause drehen die vier Musiker richtig auf und zeigen dem Publikum, wie man aus pulsierenden Hardbop-Stücken einen individuellen Musikstil entwickelt. Das verbindende Element liegt dabei in Escofferys Fähigkeit zu einer behutsamen Balance von Wohlklang und improvisierter Musik. Außerdem hat er mit David Kikoski einen Pianisten dabei, der dem Ganzen das gewisse Etwas verleiht.
Das zweistündige Konzert entwickelt sich so zu einem ausgewogenen Hörerlebnis. Mit dem Stück „Nostalgia in Times Square“ von Charles Mingus in der Zugabe entlässt das Wayne Escoffery Quartet eine entspannte Hörerschaft wieder in die raue Wirklichkeit.
Jürgen Spieß
Portraits von Wayne Escoffery
Portraits von David Kikoski
Portraits von Ugonna Okegwo
Portraits von Mark Whitfield