Yves Theiler Trio im C.Bechstein Centrum Tübingen 2023
Yves Theiler (p)
Luca Sisera (b)
Lukas Mantel (dr)
Tübingen, 20.1.2023
Ein Konzertflügel hebt – samt Publikum – ab
Fast ungläubig wirkt er, Yves Theiler an diesem großen Konzertflügel, registriert Resonanzen, die zwischen ihm und dem mächtigen Instrument schwingen, und freut sich sichtlich daran, was sich da mit seinem an diesem unwirtlichen Januartag aus Zürich angereisten Trio aus ersten, manchmal eckig wirkenden Figuren und Melodiefragmenten an Melodien, Improvisationen, hämmernden Beats und treibenden Grooves entwickelt. ‚Matsch und Sauwetter‘ – erfährt das Publikum nach einem atemberaubenden und epischen Opener – war der Titel dieses ersten Stückes. Die Musik von Yves Theiler und seiner Band ist anders als Musik vieler anderer Pianotrios. Deutlich anders. Eine ganz eigene Harmonik, nicht viel American Songbook, klassischer Bebop oder Blues.
Krumme Takte und grandioser Groove
Ist das Musik, in der sich schweizerische Landschaften und eidgenössischer Eigen – Sinn spiegeln? Eine sehr selbstbewusst präsentierte Spielart ist es jedenfalls eines wunderbar schwingenden und melodischen, dann wieder auch rockigen und brodeligen europäischen Jazz. Wenig auch, was sich in die gängigen Beschreibungen und Kategorien einordnen ließe. Dafür eher ungerade Takte. `…odd meters , cool grooves heißt es im Programmheft des Tübinger Jazzclubs. 7er – oder 9er – Takte, das klingt natürlich höchst anspruchsvoll und kompliziert. Die meist langen Stücke des Yves Theiler Trios sind aber keine verkopften Konstrukte für musiktheoretisch geschulte Spezialisten. Diese Musik geht oft ganz einfach ab, reißt mit, entwickelt mit Raffinesse einen unwiderstehlichen Sog, der einen aus dem Stuhl hebt und mitfliegen lässt. Unberechenbar, und mitreißend ist diese Musik, die einzelnen Stücke folgen auch selten den gewohnten Schemen oder Jazz – Ritualen, sondern überraschen ständig mit neuen Wendungen, Aufbrüchen und Metamorphosen. Oder mit einer harmonisch – versöhnlichen Schluss Sequenz.
Mein Problem: dieses Instrument
Schier unerschöpflich scheint der Vorrat an Motiven, Kompositionen und Rhythmen zu sein. Und obwohl die Band eigentlich in ständiger Interaktion und gleichzeitig ein konzentriertes Ganzes ist, wandern Auge und Ohr der Besucher*innen, bleiben bei wunderbar melodischen und runden Bassläufen von Luca Sisera hängen, der oft die Melodien mitsingt, oder bei Lukas Mantel an den drums; auch er ein Klangmagier und natürlich wesentlich beteiligt an diesem treibenden pulsierenden Gesamtklang. ‚Mein Problem ist dieses Instrument…‘ sagt Yves Theiler irgendwann, fast unvermittelt, zwischen zwei Stücken, ‚…es ist zu gut…‘ Faszination und sympathischer Humor – Yves Theiler hat den Bechstein Flügel grandios zum Klingen gebracht und mit seiner Band restlos begeistert. Zwei Sets prallvoll mit Ideen, Rhythmen und Improvisationen für Soul & Body…
Tom Hagenauer
Portraits von Yves Theiler
Portraits von Luca Sisera
Portraits von Lukas Mantel