Zwischen Lyrik und Prosa in Herrenberg
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Sandi Kuhn (ts)
Axel Kühn (b)
Lucas Johnson (dr)
Herrenberg, 31. Januar 2025
Ein Jazz-Erlebnis im Fachwerk, präsentiert von Lucas Johnson
Das urgemütliche Veranstaltungsräumchen im 3, Stock der altehrwürdigen Stadtbibliothek (Stabi) in Herrenberg ist am Freitagabend, 31. Januar mit rund 60 Besuchern bereits proppenvoll. Mit Axel Kühn (b), Sandi Kuhn (ts) und Lucas Johnson (dr) sind drei Meister ihres Faches angekündigt. Letzterer ist in Herrenberg aufgewachsen und tut es nun seinem Vater Martin Johnson (p) gleich, indem er in Herrenberg eine weitere Jazzreihe initiiert. Vater Martin startete bereits vor vielen Jahren mit „Martin Johnson trifft…“ ein ähnliches Format im Mauerwerk, während Lucas nun „Zwischen Lyrik und Prosa“ das Pendant liefert. Im Flyer der Stabi ist zu lesen: „Die Jazz-Konzertreihe in der Stadtbibliothek bietet die einzigartige Gelegenheit, sich in der inspirierenden Atmosphäre zwischen Büchern und historischem Fachwerk auf eine musikalische Entdeckungsreise zu begeben. Die Kombination aus perfekt abgestimmten intimen Jazz Klängen und der besonderen Aura der Bibliothek schafft einen Raum, um sich für einen Abend ganz der Musik hinzugeben“.
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Eine kraftvolle Reise durch die Jazz-Skalen
Gleich zu Beginn weist Lucas darauf hin, dass in dieser Besetzung auf ein Harmonieinstrument verzichtet wird, was heißt, dass mit Drums, Saxophon und Kontrabass schwerlich Dreiklänge zu erwarten sind; es sei denn der Bass trägt seine ihm innewohnenden Möglichkeiten dazu bei. Ein gewagtes Unterfangen also. Sandi Kuhns „Bella Frama“ und John Coltranes „Equinox“ sind die ersten Nummern des Abends. Von Laid back bis zu Bebop-Licks deuten die 3 Herren gleich zu Beginn an, was zu erwarten ist: Eine kraftvolle Reise durch die Jazz-Skalen bis hin zu Drumsoli mit äußerst kreativen Figuren gespickt. Der junge Trommelstockmeister hat eine beachtliche Entwicklung genommen und gilt in Deutschland inzwischen als einer der innovativsten Drummer seiner Generation.
Über Axel Kühn (Landesjazzpreisträger 2009) und Sandi Kuhn (Landesjazzpreisträger 2013) muss man nicht mehr viele Worte verlieren, denn auch sie spielen lange schon in der deutschen Jazz-Champions League. Gute Voraussetzungen für die ungewöhnliche Triobesetzung! Stilistisch sind die drei durchaus breit aufgestellt. Ob Sandis Kompositionen wie „Leaf “und „Santiago“, „All or Nothing at All” (Altman/Lawrence), “I Want to Be Happy” (Vincent Youmans), „Blue Train“ (John Coltrane) oder “Faraway” (Joshua Redman), die Formation drückt diesen und allen anderen dargebotenen Kompositionen des Abends ihren Stempel auf.
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Balladen, Latin-Anklänge, Swing, treibende Beats und beeindruckende Soli aller Akteure; das war es, was den Abend ausmachte – und natürlich das singende, bisweilen auch polyphone Bassspiel Kühns, sowie Kuhns Reisen von sonoren Tiefen bis hin zu High Notes-Stafetten. Das Salz in der Suppe: Johnsons beachtliche Trommelakrobatik und eine bestechende Dynamik im Gesamtvortrag.
Das erst zweite Konzert dieser Reihe macht Lust auf mehr. Mit Christoph Neuhaus (g) wird Johnson bald schon einen weiteren Landesjazzpreisträger aus dem Hut zaubern. Am 9.Mai 2025 werden Neuhaus und andere noch nicht benannte Musiker die Stabi-Bühne jazzen. Rechtzeitige Kartenreservierungen sind ratsam!
Fotos und Text Bernd Epple
Portraits von Alexander Sandi Kuhn
Portraits von Axel Kühn
Portraits von Lucas Johnson